
Trichocysten nachweisen können. Ferner mochte ich darauf hinweisen, daß bei Didinium
und Spathidium, bei denen ich selbst die lähmende Wirkung ihres Angriffs auf das Beuteobjekt
beobachten konnte, Nesselkapsel-Trichocysten Vorkommen.
Unter diesen Umständen liegt der Gedanke nahe, daß man die von ViSSHER eingeführte
Bezeichnung „Toxocysten“ allgemein auf die nesselkapselähnlichen Trichocysten überträgt.
Ich habe mich zu einem solchen Vorgehen nicht entschließen können, da es nicht erwiesen
ist, daß alle nesselkapselähnlichen Trichocysten toxisch wirken. Bei reinen Pflanzenfressern,
wie sie z. B. viele A rten der Gattung Prorodon darstellen, halte ich diese Eigenschaft
für schwer nachzuweisen. Aus diesem Grunde habe ich zunächst die indifferente Bezeichnung
„Nesselkapsel-Trichocysten“ bzw. „nesselkapselähnliche Trichocysten“ vorgezogen.
Diese Bezeichnung ist zugleich geeignet, eine Aussage über ihren Bau zu machen. Unter
Umgehung der deutschen Bezeichnung könnte man für sie den Ausdruck „ K n i d o -
t r i c h o c y s t e n “ anwenden.
Das einwandfreieste Vorgehen bei der Benennung der Trichocysten wäre es, wenn man
den Namen „Trichocyste“ den von mir als Nesselkapsel-Trichocysten bezeichneten Formen
vorbehält, da wir hier ja tatsächlich, wie der Name aussagt, einen Faden in einer Kapsel
nachweisen können, was für die übrigen Trichocysten nicht gilt. F ü r diese übrigen Trichocysten
würde sich dann die Bezeichnung „Trichiten“ empfehlen, da die Bezeichnung „Tri-
chit“ im bisherigen Sinne gegenstandslos geworden ist. Dieser an sich empfehlenswerteste
Weg zur Bezeichnung der Trichocystenformen ist wohl kaum gangbar, da beide Ausdrücke
„Trichocyste“ und „Trichit“ in der vorhandenen Literatur schon zu oft in verschiedenstem
Sinne gebraucht wurden, so daß eine derartige Änderung zu vielen Mißverständnissen Anlaß
gehen könnte.
Wie ich eben sagte, ist der Begriff „Trichit“, dessen Bedeutung nie ganz klar war, nicht
aufrecht zu erhalten. Man verstand bisher darunter Trichocysten bzw. trichocystenähnlich
aussehende Gebilde, deren Explosion nicht nachgewiesen werden konnte. In bestimmten
Fällen handelt es sich hierbei um Trichocysten, die nicht ohne weiteres zur Explosion gebracht
werden können, so z. B. bei Lacrymaria olor. Die Trichocystennatur der letzteren
konnte ich mit Hilfe von Ferrocyankalilösung nachweisen. In anderen Fällen sprach man
von „Trichiten“, wenn man die zugehörigen Explosionsstadien nicht finden konnte. Den
typischsten Fall in dieser Beziehung stellt die Angabe von Schewiakoff (1889) dar, daß
bei Urocentrum turbo keine Trichocysten sondern Trichiten Vorkommen. Ohne Zweifel
sind diesem Autor die im Hellfeld unsichtbaren explodierten Trichocysten entgangen.
Schließlich sind noch häufig die stützenden Stäbe, die bei vielen Ciliaten den Pharynx umgeben,
als Trichiten bezeichnet worden. Diese Schlundstäbe, wie man sie meines Ermessens
besser bezeichnet, ähneln zwar im Hellfeld häufig den ruhenden Trichocysten, lassen sich
von diesen aber im Dunkelfeld sehr leicht unterscheiden. Im Dunkelfeld sieht m an nämlich
im Gegensatz zu den Trichocysten, die von hellen, breiten Konturen umrandet erscheinen
oder sogar in ihrer ganzen Breite aufleuchten, von den Schlundstähen nur schwach aufleuch-
tende dünne Umrisse. Am besten kann man sich hiervon bei solchen Ciliaten überzeugen,
die wie Arten aus der Gattung Chilodon und Nassula eine Schlundreuse, aber keine Trichocysten
besitzen. Bei den übrigen gymnostomen Ciliaten mit einer Schlundreuse ist eine
solche Beobachtung erschwert, da in der Nähe des Mundes meist besonders zahlreiche Trichocysten
liegen, die die nu r schwach aufleuchtenden Schlundstähe überstrahlen und verdecken.
Bei trichocystenarmen Formen aus der Gattung Prorodon habe ich mich aber verschiedentlich
überzeugen können, daß auch hier die Stäbe der Schlundreuse nur ganz
schwach auf leuchtende Umrisse besitzen, also nicht als Trichocysten, sondern als Bildungen
eigener Art aufzufassen sind.
Außer den Nesselkapsel-Trichocysten tra f ich bei einer Reihe von Ciliaten der hier
untersuchten Gruppen noch auf Bildungen, die nach der weiter unten von mir gegebenen
Definition als Protrichocysten bezeichnet werden müssen. Auch in vielen anderen Fällen, in
denen ich es nicht ausdrücklich bemerkt habe, kommen solche Protrichocysten vor, wie ich
sie genauer in meiner Arbeit über die Prorodon-Trichocysten beschrieben habe. Eine ausgesprochene,
anisotrope Quellfähigkeit beobachtete ich in keinem Falle des Vorkommens
von Protrichocysten hei Vertretern der Prostomata und Pleurostomata. Protrichocysten
kommen sowohl bei Arten vor, die mit Nesselkapseltrichocysten ausgerüstet sind (Prorodon,
Dileptus) wie auch bei solchen, denen letztere fehlen, wie z. B. bei Burselia gargamellae
und Paradileptus.
Die Spindeltrichocysten.
Neben den Nesselkapsel-Trichocysten hebt sich, wie ich schon erwähnte, eine sehr große
Zahl heraus, die durch den Besitz eines spindelförmigen Schaftes ausgezeichnet ist. Für die
im einzelnen recht verschieden aussehenden Formen schlage ich als zusammenfassenden
Begriff den Namen S p i n d e l t r i c h o c y s t e vor.
Zu diesem Typ gehören offensichtlich auch die Trichocysten von Paramecium cauda-
tum und Frontonia leucas. Den Paramecmm-Trichocysten gibt im ausgeschleuderten Zustand
die hellauf leuchtende Spitze am Vor der ende des langgestreckten Schaftes ein charakteristisches
Aussehen im Dunkelfeld. Im übrigen ist die Abhebung der „Kappe“ im Verlaufe
der Explosion von der Spitze, sowie die Anwesenheit einer besonderen Struktur eigentümlich,
die die Ausbildung des spitzen Hinterendes des Schaftes der ausgeschleuderten Stadien
besorgt. Charakteristisch ist ferner die ganze Summe des Verhaltens gegen Salz- und Farbstofflösungen.
Der Paramecium-Trichocyste sehr nahestehend ist die Prowiowia-Trichocyste. Sie unterscheidet
sich von ihr nur durch die andersartige Ausbildung des Vorderendes. Es fehlt hier
die Spitze und die Kappe der Paramecium-Trichocyste erscheint als „gekörnter Überzug“
über dem Vorderende. Im Verhalten gegen Farbstoff- und Salzlösungen entspricht sie der
Paramecium-Trichocjste.
Wegen ihrer äußerlichen Ähnlichkeit mit der Paramecium-Trichocjste schließt man an
sie wohl am besten die Trichocysten von Clathrostoma und die wahrscheinlich ähnlich
gebauten Trichocysten der auf Seite 31 erwähnten Nassula spec. an. Beide Trichocysten lassen
ebenfalls eine dem spindelförmigen Schaft aufsitzende, aufleuchtende Spitze unterscheiden,
die sich an das Trichocystenkorn ansetzt, jedoch gelang mir hier nicht der Nachweis
des Spitzenausbildungsapparates am Hinterende, wie ich ihn bei der Paramecium-
Trichocyste fand. Ferner zeigten sich Unterschiede gegen Farbstoff- und Salzlösungen. Da
die morphologisch sehr viel stärker abweichenden Trichocysten von Frontonia auf die angewandten
Reagentien in der gleichen Weise ansprachen, wie die von Paramecium, so
möchte ich annehmen, daß wir es bei den Clathrostoma-Trichocysten mit einem gesonderten
Typ zu tun haben, dessen Ähnlichkeit m it der Paramecium-Trichocyste auf Konvergenz
beruht.