
Gattung: Lacrymaria.
Lacrymaria olor 0 . F. Müller.
Die Isolierung ruhender Trichocysten war sehr einfach, da sie in Berührung mit W asser
nicht explodierten. Sie waren leicht gebogen, am Vorderende zugespitzt und besaßen
im Innern einen dunklen Gang (Abb. 14a).
Die explodierten Trichocysten waren nicht ohne weiteres zu erhalten. Diesem Umstand
dürfte zuzuschreiben sein, daß man sie meist als T richiten bezeichnet findet. Daß man es aber
auch hier tatsächlich m it Trichocysten zu tun hat, wurde dadurch bewiesen, daß unter der Einwirkung
von Ferrocyankaliumlösung die „Trichiten“ zur Explosion gebracht werden konnten.
In verdünnter Ferrocyankalilösung explodieren sie sehr schnell. Um die Ausschleuderung
unter dem Mikroskop beobachten zu können, wandte ich eine stärkere, etwa 20%ige
Lösung an. In dieser starken Salzlösung wurde die Explosion durch die Wirkung des S trahlenkegels
des Dunkelfeldkondensors ausgelöst.
Meine Beobachtungen beziehen sich also nur auf solche Trichocysten, die durch Ferro-
cyankalium zur Ausschleuderung gebracht wurden. Es besteht dadurch die Möglichkeit, daß
die beobachteten Bilder pathologisch waren, doch spricht gegen diese Auffassung ihre Einheitlichkeit,
sowie auch der Vergleich mit den beiden anderen untersuchten Arten dieser
Gattung. Die Mehrzahl der beobachteten Trichocysten besaß einen Trichocystenfaden ohne
besondere Differenzierungen von der gleichen Länge wie die Kapsel. Die Wandungen der
Kapsel leuchteten bläulich auf. An das Vorderende des Fadens setzte sich, wenigstens in
einzelnen Fällen, ein dünner Endfaden an (Abb. 14b). Die Trichocysten gleichen in letzterem
Fall sehr denen von Loxophyllum meleagris.
Bei der Beobachtung der Explosion unter dem Mikroskop sieht man, daß der frisch
ausgeschleuderte Faden noch weich ist. E r kann noch unter dem Einfluß von Wasserströ-
mungen bewegt werden. Erst nach einigen Sekunden wird der Faden sta rr und behält seine
Gestalt bei.
Lacrymaria elegans E ngelmann.
In einem Material vom Schloßgraben an der Hüfferstraße, das reich an Schwefelbakterien
war, begegnete ich dieser Art in einem einzigen Exemplar. Einige ausgeschleuderte
Trichocysten, die ich beobachtete, glaube ich als normal ansehen zu dürfen (Abb. 15). Die
Länge der Kapsel betrug 15 p-, die Länge des Fadens 16 {a. Der Faden erschien mit einer
leuchtenden Substanz gefüllt, nur das vorderste Ende war optisch leer. Das Fadenende
war durch ein kleines Kügelchen ausgezeichnet. Die ruhenden Trichocysten zeigten in
ihrem Innern einen geschlängelten Faden.
Lacrymaria pupula O. F . Müller.
Die ausgeschleuderten Trichocysten des in faulenden Kulturen sehr häufigen Ciliaten
waren recht schwierig zu untersuchen. Durch Zerdrücken der Tiere im Wasser waren sie
zwar zu erhalten, aber ihr Aussehen war sehr verschiedenartig und ihre Zahl sehr gering.
An einzelnen günstigen Trichocysten (Abb. 16) ließ sich ein bläulich auf leuchtender
Abschnitt als Kapsel unterscheiden. Die Länge des ausgeschleuderten Fadens wurde in keinem
Falle größer als die einfache Kapsellänge gefunden. In Übereinstimmung m it den beiden
anderen Lacrymaria-Arten ist die Länge des Fadens daher als der einfachen Länge der
Kapsel entsprechend anzunehmen. Da der Faden meist ebenso breit ist wie die Kapsel und
wie diese einen breiten, optisch leeren Innenraum zeigt, ist die Frage, welcher Teil als
Kapsel und welcher als Faden zu bezeichnen ist, nur in solchen Fällen zu entscheiden, in
denen die Kapsel ihr charakteristisches, bläuliches Licht zeigt. Bei pathologischen Stadien
habe ich das bläuliche Aufleuchten häufig vermißt, sodaß dann kaum zu erkennen ist, welcher
Teil die Kapsel darstellt. Bei vielen pathologischen Stadien war der Faden kollabiert
oder auch in seiner ganzen Breite mit einer leuchtenden Substanz erfüllt.
Die Länge der Kapsel der explodierten Stadien betrug 7,5 ¡a , die Länge des ausgeschleuderten
Fadens war in vereinzelten Fällen etwas größer als die Kapsellänge, entsprach dieser
im allgemeinen aber ziemlich genau. Verschiedentlich lagen der Innenwand des ausgeschleuderten
Fadens alternierend Granula an, die vielleicht, wie ich bei Dileptus besprechen
werde, als Andeutung eines Spiralfadens anzusehen sind.
Die ruhenden Trichocysten bieten keine Besonderheiten. Es sind etwa 7,5 |a lange,
gerade Stäbchen mit einem dunklen Innenraum und einem kleinen Fortsatz am Vorderende.
Gattung: Enchelys.
Enchelys pellucida E berhard.
Außer Größe und Gestalt der Tiere sprach dafür, daß ich es mit dieser Art zu tun
hatte, die Kleinheit der Trichocysten, die K ahl mit Bazillen vergleicht.
Die ruhenden Trichocysten waren 6 [a lange, einfache Stäbchen m it optisch leerem Binnenraum,
die im Wasser nicht explodierten und daher leicht zu finden waren. Die explodierten
Stadien konnten durch Durchsaugen von Ferrocyankaliumlösung unter dem Deckglas
erhalten werden. Der Austritt des Fadens aus der Kapsel erfolgte so langsam, daß man
sein Anwachsen deutlich verfolgen konnte. Die Kapsel der explodierten Trichocysten leuchtete
schwach bläulich auf, ihr Vorderende war etwas verjüngt. Die Länge des Trichocysten-
fadens entsprach der Kapsel oder war eine Kleinigkeit größer. Der Anfangsteil des Fadens
war in der Mehrzahl der Fälle etwas stärker aufleuchtend. In dem stärker aufleuchtenden
Bereich waren die Begrenzungslinien nicht so glatt wie in den übrigen Teilen (Abb. 17).
Enchelys simplex K ahl.
Die wenigen, mir vorliegenden Tiere stammten aus einem Aufguß von Pflanzenmaterial
aus dem Schloßgartenteich. Sie stimmten, abgesehen von einer leichten Abplattung in
Gestalt und Größe und vor allem auch in der Gestalt des Kernes und den sehr langen Trichocysten
überein mit der Beschreibung von K ahl. Außer den langen Mundtrichocysten lagen
noch einige Trichocystenbündel im Innern des Tieres.
Die Länge der ruhenden Trichocysten schwankt beträchtlich. Ich habe Werte zwischen
18 und 32 (a gemessen, ohne daß ich eine bevorzugte Größe feststellen konnte. Die ruhenden
Trichocysten sind schwach gebogen, am Vorderende mit einem kleinen Fortsatz versehen.
Durch Zusatz von Ferrocyankali oder durch starkes Erhitzen mit dem Dunkelfeldkondensor
ließen sich einzelne der durch Zerquetschen isolierten Trichocysten zur Explosion
bringen. Allerdings ist es immer bei so langen Trichocysten schwer, normal aussehende
Stadien zu finden. Im vorliegenden Fall war es mir nur möglich, durch Kombination mehrerer
Trichocysten ein Bild von ihrem Bau zu gewinnen (Abb. 18).
Die Kapsel besitzt die bläuliche Farbe, die für sie charakteristisch ist. Der Tricho-
eystenfaden ist von doppelter Kapsellänge. Der Anfangsteil des Fadens von der Kapsel bis
zur Mitte leuchtet stärker auf. Normalerweise scheint der gesamte Faden, also auch der
verdickte Anfangsteil, im Innern ein optisch leeres Lumen aufzuweisen.