
 
        
         
		Anders  steht  es  mit  den  niedermolekularen  Eiweißbausteinen.  Sie  werden  in  der  
 Mitteldarmdrüse  energischer  gespalten  als  im Magensaft.  Diese Ergebnisse  stimmen  mit  
 denen  von  Graetz  (1929 a)  im  großen  und  ganzen überein. E r  findet —  nach  seiner oben  
 beschriebenen Methode gemessen  daß  Pepton  in  der Mitteldarmdrüse  von  Helix  zweimal, 
  Dipeptid  fünfmal  so  stark  gespalten  wird  wie im Kropfsaft.  . 
 Schlottke (1935), der in seiner Untersuchung  über  die Verdauung  von  Limulus  auf  
 diese  Tatsachen  zu  sprechen  kommt,  weil  er Ähnliches mit Hinblick  auf  die  eiweiß-  und  
 kohlehydratspaltenden Komponenten der Enzyme seiner Versuchstiere nach weisen konnte,  
 deutet  sie  in  der Weise  aus,  „daß  es  auch  bei  den Wirbellosen  die  von den Wirbeltieren  
 bekannte  planmäßige  Aufeinanderfolge  örtlich  und zeitlich getrennt voneinander wirkender  
 Fermente  gibt“  (S.  393).  Vom  Standpunkte  einer  Typologisierung  der  Verdauungsfelder  
 aus  gesehen,  ist  natürlich  seine  Feststellung:  „Der  Magendarm  von  Limulus  entspricht  
 dem Magen der Wirbeltiere und etwa deren Zwölffingerdarm. Die Mitteldarmdrüse  
 entspricht in ihrer Funktion dem Dünndarmabschnitt der Wirbeltiere,  in dem das Erepsin  
 arbeitet“  (S. 395) —  eine  sehr  vage Analogie,  auf Grund  deren wir  uns  vorzeitig in  ganz  
 bestimmter, wahrscheinlich  falscher Richtung festlegen.  (Vgl. hierzu S.  81.) 
 Hinsichtlich  der Wirkungsweise  des Enzymmaterials auf Kohlehydrate haben wir die  
 Folgerungen auf S.  108—110  bereits  gezogen. Die relativen Vergleichszahlen besagen, daß  
 der Magensaft  unter  annähernd  gleichen Versuchsbedingungen  nach  24stündiger  Einwirkungszeit  
 dem  Mitteldarmdrüsenmaterial  gegenüber  überlegen  ist.  Die  hochmolekularen  
 Kohlehydrate werden also bereits  im Magen energisch angegriffen, wodurch das Eindringen  
 kleiner  Partikel  in  die Mitteldarmdrüsengänge  ermöglicht wird. 
 Für  die  Fettverdauung  können  wir  einstweilen  nur  angeben,  daß  sie  im Magensaft  
 energisch  einsetzt  und  in  den  Mitteldarmdrüsen  fortgeführt  wird.  Vielleicht  dürfen  
 wir  annehmen,  daß  die  hohe  Oberflächenaktivität  des Magensaftes,  welche  nur  mit  derjenigen  
 der  Galle  im  Säugetierorganismus  verglichen  werden  kann,  der  Fettverdauung  
 besonders  dienlich  ist  (vgl. S.  74). 
 Die neuesten Untersuchungen von Vonk (1935 a und b) an Astacus, die bei der Niederschrift  
 dieser  Zeilen  noch  nicht Vorlagen,  stützen  diese  Vermutungen.  Im Magensaft  des  
 Flußkrebses  findet  sich  ein  alkoholextrahierbarer,  oberflächenaktiver  Stoff,  der  für  die  
 Auflösung  und  Resorption  von  Fetten  und Fettsäuren dieselbe Rolle spielt, wie die gallensauren  
 Salze  der Wirbeltiere. 
 A u s   d e n   w e n i g e n   Da t en ,   di e   w i r   a u f   de n  v o r s t e h e n d e n   S e i t e n   al s   
 d a s   E r g e b n i s   s e h r  mü h e v o l l e r   K l e i n a r b e i t   k e n n e n   l e r n t e n ,   g e h t   m i t   
 a l l e r   D e u t l i c h k e i t   h e r v o r ,   d a ß   wi r   es  vom  e r s t e n   A u f t r e t e n   e in e s   
 B e u t eme r kma l s   bis  zur  A u s s c h e i d u n g  der   n i cht   ausgenut z t en  N a h r u n g s r 
 e s t e,  m i t   e i n em   f e i n   a u s g e g l i c h e n em  P l a n s y s t em   zu  t u n   h a b e n ,   d e s s e n   
 Gl e i c h g ew i c h t   n u r   e r h a l t e n   we r d e n   ka nn,   w e nn   j e d e r   F a k t o r   u n d   
 j e d e   F u n k t i o n   am  g emä ß e n   O r t e   z u r   r e c h t e n   Ze i t   a u f t r i t t .   Denken  wir  
 rückblickend  an  die Worte P etersens  und Boysen  J ensens  (1911),  daß  es  kaum  größere  
 Tiere  gibt,  die  nicht  schließlich  im  Magen  von  Fischen  oder Wellhornschnecken  enden,  
 denken wir ferner  daran,  daß  diese Schnecken einen  wertvollen  Bestandteil  der  Nahrung  
 vieler Raubfische,  darunter  des Dorsches,  in  dessen Magen  P etersen  6—7  Opercula  von  
 Buccinum  fand,  bilden,  daß  ferner  der wenig  ausgenutzte  Kot  unserer  Schnecke  wieder  
 kleineren  Organismen  als  Nahrung  dient,  so  nimmt das Netz  der  planmäßig  ineinandergreifenden  
 Faktoren  und  Funktionen  Dimensionen  an,  die  wir  einstweilen  mehr  ahnen 
 als klar  überschauen. Maßnahmen wie  jene,  von  welcher  D a k in   (1912,  S.  106)  berichtet,  
 wonach man an der  dänischen Küste die  Wellhornschnecken  einfach wegzufangen  und  zu  
 vernichten  suchte  (ein  Motorboot  fing  in  sieben Monaten  45  Tonnen  Schnecken),  um  die  
 Schollenfischerei  von  dieser  „Plage“  zu  befreien,  erscheinen unter  diesen  Gesichtspunkten  
 recht  bedenklich.  E r s t   n a c h   d e r   K e n n t n i s   d e r   wi c h t i g s t e n   P l a n v e r k n ü p f 
 u n g e n   wi r d   es  mö g l i c h   sein,   d i e   B e d e u t u n g   d e r   e i n z e l n e n   F a k t o r e n   
 r i c h t i g   zu  e r f a s s e n   u n d   g e e i g n e t e   Ma ß n a hme n   f ü r   d i e   P r a x i s   zu  
 t r e f f e n . 
 Schließlich wollen wir  gemäß  unserer  Forderung  in  der  Einleitung  zu  dieser Arbeit  
 8 -  versuchen,  die  einzelnen Funktionen im Beute- und Verdauungsfeld von Buccinum  
 undatum  L.  im  Sinne  einer  t y p o l o g i s i e r  e n d e n  B e t r a c h  t u n g s w e i s e  zusammenzufassen. 
 A u f   G r u n d   d e r   B e u t ew a h l   r e c h n e n   w i r   d i e   We l l h o r n s c h n e c k e   zu  
 de n  A a s f r e s s e r n .   Im Kapitel  II,  1 D  haben wir  gezeigt, wieviel Analogien  sich in  der  
 Struktur  des  Beutefeldes  zu  den  aasfressenden  Einsiedlerkrebsen  auffinden  lassen.  Hier  
 wie  dort  ist  es  vor  allem  der  c h emi s c h e   Sinn,  der  Medium  und  Substrat  beherrscht.  
 Hier wie dort werden Wä s s e r  s t r öm e   zu Bedeutungsträgern, sobald sie mit chemischen  
 Stoffen  der  „Beute“  beladen  sind.  Die  Einsiedlerkrebse  sind  den Wellhornschnecken  insofern  
 überlegen, als sie a k t i vW a s s e r s t r ö m e   a u s   a l l e n   R i c h t u n g e n   de s  R a u me 
 s  auf  ihre  in  den  1. Antennen  gelegenen  Chemorezeptoren  leiten  können.  Ferner  aber  
 zeigt  sich  die  weitgehendere Differenzierung  im  Beutefelde  der  genannten  Krebse  in  der  
 Zuhilfenahme  des  o p t i s c h e n   Si nne s .   Dieser  ermöglicht  unter  gewissen Bedingungen  
 zwar  keine  sichere,  aber  eine r a s c h e r e  Orientierung. 
 Vor  einiger  Zeit  hat  A l p e r s   (1932)  das  Beutefeld  von  Conus,  einem  toxoglossen  
 Prosobranchier  analysiert.  Diese Schnecke  ist  ein  R ä u b e r ,   der  l e b e n d e  Beute  angeht.  
 Er nährt sich  von Nereis cultrifera. Es ist nun sehr interessant zu sehen, daß  das Beutefeld  
 dieses Räubers eine große Ähnlichkeit mit demjenigen des Aasfressers aufweist. Es lassen  
 sich  jedoch  einige Punkte anführen,  die gleichsam auf eine Konzentration der Funktionen,  
 welche  auf  den Beutefang  abzielen,  im Umfelde  des  Räubers  hinweisen.  So  entfaltet  der  
 Pallialstrom  von Conus  in der Erregung  eine größere Tiefenwirkung. Vor  allem aber läßt  
 sich  ein  Zusammenwirken  der  Bewegungen des Siphos mit denjenigen der  nur wenig aus-  
 stülpbaren  Schnauzenspitze  feststellen,  welches  wir  bei  Buccinum  vermissen.  Soviel man  
 aus  den  Ausführungen  A l p e r s   entnehmen kann,  scheint es  für  den Räuber wesentlich  zu  
 sein,  ein  Gift zielsicher  auf  die  lebende  Beute  zu  spritzen, was  nur  gelingt,  wenn  er  ihre  
 Lage genau lokalisieren kann. Die umfangreiche  Beherrschung  des Substrates  durch  einen  
 weit  vorstülpbaren  Rüssel,  wie  wir  sie  bei  der Wellhornschnecke  finden,  wird  hier  der  
 Zielsicherheit durch  die Zusammenarbeit mit dem Sipho geopfert. Leider ist aus der Arbeit  
 von  A l p e r s   nicht  zu  ersehen,  ob  die Augen  dabei eine Rolle spielen. Ich vermute, daß dies  
 nicht  der  Fall  ist. 
 Vergleichen wir  jetzt die Beutefelder von  Eupagurus, Buccinum und Conus,  so  finden  
 wir  in  allen  drei  Fällen  eine  vollkommene  Meisterung  der  g l e i c h e n   Aufgabe.  Nur  der  
 Grad  der Differenzierung der Mittel  ist verschieden. Sicher wird es an Hand der Verarbeitung  
 eines  größeren  Materials  möglich  sein,  gewisse  e s s e n t i e l l e   F a k t o r e n   u n d   
 F u n k t i o n e n  aus der Struktur biologischer Beutefelder herauszuschälen, die als G r u n d s 
 t o c k   zur  Bewältigung  einer  Aufgabe  s t e t s   vorhanden  sein  müssen.  Die  Differenzierungen  
 treten  dann  als  A k z i d e n t i e l l e s   zu  diesem  Kern  hinzu,  wie  Verwachsungen,