wahrscheinlich hinstellen, handelt es sieh hier doch nicht um ein formloses Sekret, sondern
um eine bestimmte morphologische Struktur. Der einzige Fall, in dem ich außerhalb der
Nesselkapsel-Trichocysten ein Gebilde am Vorderende nachweisen konnte, das einem Sekrettropfen
gleicht, betrifft die Plagiopylidae. Dafür, daß es sich hierbei um ein giftiges Sekret
handelt, konnte ich keinen Hinweis finden. Mir ist es nicht bekannt, daß Plagiopyla seine
Beute vor dem Verzehren tötet. Wir haben es bei ihnen, wie bei den übrigen Ciliaten, mit
Strudlern zu tun, die mit Hilfe der Strudeleinrichtung ihres Mundes ihre Nahrung erwerben.
Also auch hier dienen die Trichocysten wahrscheinlich anderen Zwecken.
Von diesen Zwecken, die, wie ich oben erwähnte, sicherlich verschiedener Natur sind,
ist nur wenig bekannt. Am meisten wissen wir noch über die Beteiligung von Trichocysten
und vor allem Protrichoeysten an der Bildung von Hüllen zum Schutze der Ciliaten
wie sie von Bresslau und Schneider beschrieben wurden. Auch die dichten Gewirre, die
bei der Ausstoßung der langgestreckten eigentlichen Trichocysten entstehen können, sind
vielleicht als Abwehrmittel gegen alle möglichen Angriffe geeignet, obwohl gerade über letztere
1' rage nicht viel Positives bekannt ist.
In manchen Fällen scheint mir noch eine andere Funktion, wie ich sie für die Tricho-
eysten von Flagellaten wahrscheinlich machen konnte (1934), nämlich als zusätzliches Fort-
bewegungsorganeil in Frage zu kommen.
Zum Beispiel würde ich die Bedeutung der mit den Schirmchen ausgerüsteten Tricho7
cysten der Trichopelmiden in dieser Richtung suchen. Durch die Anwesenheit des Sehirm-
chens wird der Reibungswiderstand, den die Trichocysten beim Durchschneiden des Wassers
erfahren, sehr erhöht und hierdurch üben sie infolgedessen einen starken Rückstoß auf
das ausschleudernde Tier ans. Die im Verhältnis zu ihren Trägern sehr großen Tricho-
eysten lassen die rückstoßende Wirkung auch m it Rücksicht auf ihre geringe Zahl sehr wirkungsvoll
erscheinen.
Ferner scheint mir auch die Aufgabe der außergewöhnlich langen und, dünnen Trichocysten
der Strombidien in dieser Richtung zu suchen zu sein. Für diese Annahme spricht vor
allem die Beobachtung, daß bei den Trichocysten von Strombidium strobilus ein Schirmchen,
wie bei den Trichopelmiden H- hier allerdings am Trichocystenhinterende — gefunden
wurde. Die Lage des Schirmehens am Hinterende hängt wohl damit zusammen, daß, wie
zahlreiche, unvollständige Explosionsstadien zeigten, bei den Strombidium-Trichoeysten die
Explosion am Hinterende einsetzt und nach dem Vorderende zu fortschreitet. D adurch wird
das Schirmchen sofort beim Austritt aus dem Tiere vom Anfang der Explosion an wirksam.
Diese wenigen Andeutungen umfassen eigentlich alles, was wir über die Funktion der
Trichocysten wissen bzw. zu wissen glauben, denn zuverlässige Untersuchungen über die
Funktion der Trichocysten bestehen kaum. Die Möglichkeit, die Trichocysten trotz ihrer
außerordentlichen Kleinheit untersuchen zu können, eröffnet aber für die Zukunft die Aussicht,
auch über die Fragen ihrer Funktion Aufschluß zu gewinnen. Ohne die genaue
Kenntnis ihrer Struktur mußten alle Versuche zur A ufklärung ihrer Funktion im Dunklen
tasten.
Zusammenfassung der Ergebnisse.
1. Es wird in der vorliegenden Arbeit das Dunkelfeldbild der Trichocysten von 75 Ciliaten-
Arten neu beschrieben, die sich auf 36 Gattungen verteilen.
2. Folgende Hauptformen der Trichocysten werden unterschieden:
a) Nesselkapseltr ichocy sten,
b) Spindeltrichocysten,
c) Plagiopyliden-Trichocysten,
d) Metopus-Trichocysten,
e) Strombidien-Tr ichocy sten,
f) Protrichoeysten.
3. Die Nesselkapsel-Trichocysten schließen sich in allen wesentlichen Punkten an die früher
beschriebenen Trichocysten von Prorodon an. Vor allem lassen sie einen Kapselabschnitt
an den explodierten Stadien erkennen, aus dem der Trichocystenfaden ausgeschleudert
wird. Fa st ausnahmslos läßt sich die Kapsel an dem bläulichen Aufleuchten
ihrer Wandungen erkennen.
Ebenso wie bei Prorodon steht die Länge des Trichocystenfadens in einfacher Beziehung
zur Länge der Kapsel. Außer Fäden, die ungefähr der doppelten Länge der Kapsel
entsprechen, finden sich auch verschiedentlich Fäden von einfacher Kapsellänge.
Das Fadenendstück, für das ich bei der Prorotfore-TriehocySte gezeigt hatte', daß es in den
Ruhestadien der Wandung der Kapsel anliegt und erst im Verlaufe der Explosion in das
Innere des Fadens eintritt und durch diesen hindurch an das Vorderende desselben wandert,
findet sich in veränderter Form bei fast allen Trichocysten dieses Typus. Bei der
Mehrzahl der untersuchten Arten bleibt, das dem Fadenendstück entsprechende Stück
im Anfangsteil des Fadens liegen, ich hatte hierfür die Bezeichnung „Fadenbasisstück“
vorgeschlagen.. Bei Trichocysten, deren Faden gleich der Kapsellänge ist, erfüllt die entsprechende
Struktur im allgemeinen den ganzen Faden. Ich wählte hierfür die Bezeichnung
„Fadenstück“, eine Bezeichnung, die ich auch zusammenfassend fü r die drei verschiedenen
Ausbildungsformen dieser eigenartigen Struktur gebrauchte,
4. Unter den Nesselkapseltriehocysten lassen sich folgende Haupttypen unterscheiden:
a) Fadenlänge gleich der Kapsellänge
6| Lacrymaria-Typ: mit Fadenstück,
b) Faden doppelt so lang wie die Kapsel
a) Didinium-Typ: Fadenstück liegt als Fadenbasisstück im Anfang des Fadens
ß) Holophrya-Typ: Fadenstück liegt im Ende des Trichocystenfadens,
y) Prorodon teres-Typ: Fadenendstüek liegt in der Verlängerung des Trichocysten-
fadens.
<5) Prorodon margarittfer-Typ: Fadenstück nicht nachweisbar.
5. Das Vorkommen der Nesselkapseltriehocysten beschränkt sieh auf die holotrichen Gilia-
ten, und zwar die beiden Tribus: Prostpmata und Pleurostömata. Innerhalb der Gattun-
, gen findet sich bei den verschiedenen Arten in der Regel der gleiche Trichocysten-Typ
In Einzelheiten weichen aber die Trichocysten auch sehr nahe verwandter Arten merklich
ab. Den Trichocysten dürfte daher große Bedeutung für die Systematik der Ciliaten
zukommen.
6. Die Nesselkapsel-Trichocysten unterscheiden sich durch die Eigentümlichkeit, daß bei
ihnen ein Faden aus einer Kapsel ausgeschleudert wird, von den übrigen Trichocysten,
bei denen die Explosion im wesentlichen in einer Längsstreekung der Ruhestadien be-
steht.
7. Neben den Nesselkapsel-Trichocysten sind unter den holotrichen Ciliaten besonders zahlreich
solche Trichocysten vertreten, deren Hauptbestandteil ein spindelförmiger Schaft