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die Bedeutung der L e i b l e in -D rü s e iü r die Eiweiß Verdauung noch nicht geklärt. Auch
unsere Substratabbaukurven geben uns keinen Aufschluß darüber. Man ist versucht, in
den beiden Gipfelpunkten der Aufspaltungskurve für Catgut und Glycylglyzin das Zu-
sammenspiel der proteolytischen Enzyme von L e ib l e i n - und Mitteldarmdrüsensekreten
zu sehen, aber man kömmt dabei über gewisse Vermutungen nicht hinaus.
Besser fundiert erscheinen mir Erwägungen über den Hauptort der Aufspaltung verschiedener
Substrate. Dazu müssen wir das Spaltungsvermögen von Magensaft und Mitteldarmdrüsenmaterial
miteinander vergleichen. Das ist nicht ganz einfach, weil zunächst
jeglicher Maßstab fehlt. GRAETZ (1929 a) setzt fin en Volumenteil Kropfsaft von Helix
gleich einem Volumenteil zerriebener Mitteldarmdrüse. Diese Gleichsetzung ist infolge der
völlig unbekannten Zusammensetzung des Drüsenmaterials eine rein raumteilmäßige und
hat mit den wirksamen Enzymen nichts zu tun. Viel korrekter ist natürlich das von
Mansotjr-Beck (1932) in die vergleichende Physiologie eingeführte Maß der Enzymeinheit.
Es setzt aber bereits eine gute Kenntnis des Verdauungsfeldes voraus, wenn es biologische
Vorgänge nicht mehr verschleiern als aufklären soll (Mansour-Beck, 1934).
Wir wollen hier ganz: einfach von der Tatsache ausgehen, daß Magensaft ( l:j|| und
Mitteldarmdrüsenmaterial (1:30) bei der Aufspaltung von Muskeleiweiß etwa gleich stark
wirksam sind. Von dieser Basis ausgehend, können wir einige interessante Feststellungen
machen, wie die folgende Übersicht zeigt.
Ü b e r s i c h t
über das Spaltungsvermögen des Magensaftes und Mitteldarmdrüsenmaterials von
Buccinum undatum L.
Substrat: Magensaft Mitteldarmdr
material
Muskeleiweiß 1 1
Catgut (schwach sauer) 1 1
Catgut (schwach alkalisch) 2 1
Pepton F 1 2,5
Dipeptid 1 3,5
F ü r die Spaltung von löslicher Stärke können wir in Anlehnung an G r a e t z (1929 a)
nur 1 ccm Magensaft (1:30) mit 1 g Mitteldarmdrüsenmaterial (1:30) vergleichen und erhalten
dabei folgende Werte:
Stärke (3 Stunden) 1 10
Stärke (24 Stunden) 1 2,5
Aus dieser Übersicht geht hervor, daß in sehr schwach alkalischem Magensaft von
dem hochmolekularen Eiweißkörper Gatgut, d. h. Bindegewebe, doppelt so viel titrie rbare
Substanzen in der Zeiteinheit frei werden als im Mitteldarmdrüsenmaterial. Diese
Tatsache spricht sehr stark dafür, daß die Sekrete der Vorderdarm- bzw. L e i b l e i n -
Drüse die Spaltung des Bindegewebes unterstützen, obgleich sie a l l e i n nicht in der Lage
sind, die Saite zu zerlegen (vgl. Abb. 28). Das Bindegewebe kann natürlich auch nur in
kleinen Flocken oder in verflüssigtem Zustande in die feinen Gänge der Mitteldarmdrüsen
eindringen. Der Magensaft muß also eine energische Vorarbeit geleistet haben, wenn das
Bindegewebe überhaupt vom Tier ausgenutzt werden soll. Daß dies der Fall ist, haben wir
im biologischen Versuch zeigen können (vgl. Tabelle IIIC ).