aa) D a s I. o p t i s c h e G a ngl ion.
Die optischen Ganglien der Homopteren erinnern in ihrem Bau mehr an diejenigen
der Landwanzen als an die der Wasserwanzen. Dies gilt besonders für das I. optische Ganglion,
welches im Unterschied zu den Wasserwanzen nie eine Schichtung aufweist (Abb. 87).
An seinem Aufbau beteiligen sich dieselben Elemente wie bei den Landwanzen: die Endigungen
der Betinafasern (Bf) und Néurone mit hindurchziehehden Fasern (Dz). Sämtliche
Betinafasern endigen nach meinen Präparaten im I. Ganglion. In. keinem Fall konnte ich
sie, wie das Cajal bei Apis festgestellt hat, bis in das II. Ganglion verfolgen. Die hindurchziehenden
Fasern treten wie bei den Landwanzen in zwei verschiedenen Typen auf. Sie
scheinen aber im Unterschied zu den letzteren größtenteils in der Außenzone des II. Ganglions
zu endigen.
Als einen weiteren Zelltypus fand ich bei Cicadetta montana (Abb. 87, a.F.) Neurone, _
deren stark verzweigte Endigungen im I. optischen Ganglioh liegen. Den dazugehörenden
Zellkörper fand ich nicht, doch läßt sich der Neurit bis in die äußere Körnermasse des
zweiten Ganglions verfolgen, so daß man ersteren hier mit Bestimmtheit vermuten muß. Dem
Bau und der Lage, nach zu urteilen, handelt es sich um Lokalzellen, wie.^ie in ganz ähnlicher
Ausbildung Cajal und Sánchez (1915) bei der Biene gefunden haben (vgl. ihre
Abbildung 15 b, „corpúsculos generadores de fibras centrifugas ascendentes , ferner LAMINA
I, Aef.).
.ßß); D a s II. o p t i s c h e Ga n g l i o n .
Ähnlich wie bei den Landwanzen, zeigt das II. optische Ganglion einen Aufbau aus
drei Hauptzonen. Auch die Mächtigkeitsverhältnisse stimmen m it denjenigen der Landwanzen
durchaus überein. Unterschiede ergaben sich bezüglich der Anordnung der Zelltypen.
So endigen die Neurone mit hindurchziehenden Fasern des I. Ganglions alle in der äußeren
Hauptzone des II. Ganglions. Ferner liegen die Endigungen der Zellen mit rückläufigen
Fasern nur zu einem geringen Teil in der inneren Hauptzone, die meisten lassen sich wie bei
den Wasserwanzen bis in die äußerste Zone verfolgen. Dadurch wird eine außerordentlich
vielseitige Verbindung zwischen dem II. und dem III. Ganglion ermöglicht. Auch in dem
Auftreten sog. Biesenfasern erinnern die Zikaden mehr an die Wasserwanzen als an die
Landwanzen.
Die Verbindung mit den zentralen Hirnteilen erfolgt wie bei den übrigen Bhynchoten
durch den Traetus opticus posterior.
yy) D a s III. o p t i s c h e Ga n g l io n .
In der Anordnung der vier Hauptzonen des III. Ganglions gleichen die Zikaden mehr
den Landwanzen als den Wasserwanzen, nur ist die Verbindung zwischen der dritten und
vierten Hauptzone viel inniger. Eine Überkreuzung der F asern innerhalb des III. Ganglions
findet nicht statt.
Auf gewöhnlichen Präparaten fällt die relativ schmale Außenzone durch ihre starke
Färbbarkeit und ihre dichte Struktur auf. Versilberungen zeigen, daß diese Beschaffenheit
durch einen Zelltypus bedingt ist, welchen ich in ähnlicher Ausbildung bei den Hetero-
pteren nirgends gefunden habe. In der Literatur wurde ein ähnlicher Zelltypus von Cajal
und SANCHÉZ beschrieben (1915). Sie stellten bei der Biene eine ähnliche S truktur der äußersten
Zone des I II. Ganglions fest (vgl. die dunkel angelegte Zone der Tafel I dieser Ä.utoren).
Die diese Zone in erster Linie aufbauenden Zellen haben Cajal und SanchÉz in ihrer
Abbildung 59 zur Darstellung gebracht. Ein Vergleich mit meiner Abbildung 88 zeigt die
weitgehende Ühereinstimmung. Bei den übrigen mit spezifischen Methoden untersuchten
Insektengruppen scheint dieser Zelltypus zu fehlen.
Die Verbindung der optischen Ganglien mit den zentralen Teilen des Protocerebrums
erfolgt durch einen sehr langen Traetus optico-cerebralis, welcher nichts anderes ist als die
Gesamtheit der bereits hei den Landwanzen ausführlich beschriebenen Traetus optici. Auf
Querschnitten durch diesen äußerlich einheitlich erscheinenden N ervenstrang sind die wichtigsten
dieser Verbindungsbahnen festzustellen. Ihre Lagerung ist etwas anders als bei den
Landwanzen: Der Traetus opticus anterior (Abb. 89 a, Tr.opt.ant.) ist auf die Ventralseite
des Protocerebrums gerückt, entsprechend der ventralen Lage des Tuberculum opticum
(Tub. opt.). Der Traetus opticus posterior (Tr. opt. post.) verläuft auf der Dorsalseite der
Fasermasse des Gehirns dorsocaudal von der Brücke (Abb. 90 c). In Abbildung 89 d (Tr. opt.
post.) sind die zu den Endigungen der Ocellennerven ziehenden Teile dieses Traetus getroffen.
Abbildung 89 a zeigt außer dem Traetus opticus anterior (Tr.opt.ant.) noch den Traetus
opticus medialis (Tr. opt. med. sup.), welcher das III. Ganglion mit dem Hauptlappen des
Protocerebrums verbindet.
ß) D ie C o r p o r a p e d u n c u l a t a .
Die Lage der Pilzkörper ist auf den ersten Blick gesehen recht abweichend von den
übrigen Bhynchoten. Die Globulizellen (Abb. 90 b, Gib.) liegen im vorderen oberen Ende
des Gehirns. Von hier aus ziehen die Pilzstiele (St) in ventro-caudaler Kichtung zur Gehirnbasis
(Abb. 90 b). Der V erlauf ist also beinahe senkrecht zur Stielrichtung der übrigen Rhyn-
choten (vgl. Abb. 33).
Im feineren Bau gleichen die Corpora pedunculata der Zikaden durchaus denjenigen
der Wasserwanzen. Weitgehende Übereinstimmung mit letzteren besteht vor allem bezüglich
der von den Globulizellen etwas entfernt liegenden Glomeruli (Abb. 90 b, Gl.). Auch
bezüglich der Pilzwurzel besteht eine große Ähnlichkeit mit den Wasserwanzen. Einen auffallenden
Struktur unterschied zeigen die gegen die Mediane gerichteten Wurzelteile, die
sog. Balken. Sie besitzen bei den Zikaden einen auffallend dichten Bau und färben sich
daher außerordentlich stark (Abb. 89 d, B). Leider gelang es mir bis jetzt nicht, durch Versilberung
die Ursache dieses Strukturunterschieds festzustellen.
y) B r ü c k e u n d Z e n t r a l k ö r p e r .
Eine ganz entsprechende Lageveränderung, wie wir sie hei den Corpora pedunculata
feststellten, zeigen auch die übrigen Hirnteile. Besonders auffallend ist die Lageheziehung
von Brücke und Zentralkörper. Während die Brücke sämtlicher Heteropteren dorsocaudal
von dem Zentralkörper liegt, befindet sie sich bei den Zikaden v o r demselben (Abb. 90 c,
Pbr.). Die beiden Hauptteile des Zentralkörpers liegen nicht wie bei den Heteropteren übereinander,
sondern hintereinander. Aus all dem geht hervor, daß das Gehirn der Zikaden
um 90° im Uhrzeigersinn gedreht werden muß, um eine ähnliche Lagerung der Hirnteile
herbeizuführen wie bei den Heteropteren.
Brücke und Zentralkörper stehen bei den Zikaden in außerordentlich enger Verbindung.
Die diese beiden Hirnteile verbindenden Faserstränge überkreuzen sich größtenteils.
In Abbildung 91 sind vier solcher Bündel getroffen, welche sich total überkreuzen. Die die
Brücke aufbauenden Neurone gehören wie bei den Heteropteren der Pars intercerebralis
Zoologie». Heft 93. 8