sie die völlig neuartige Aufgabe übernahmen und in überaus mühevoller Arbeit die Saft-
und Drüsengewinnung nach meinen Angaben genau durchführten.
Neuerdings arbeiteten auch K oschtojanz und K orjuieff (1934, S. 208) erfolgreich
mit der Gefriermethode.
b) Eigenschaften des Magensaftes.
Es ist vom Gesichtspunkte des Biologen aus gesehen nicht leicht, bei der Beschreibung
der Eigenschaften von Verdauungssäften und Drüsensekreten Plan wesentliches von
Unwesentlichem zu trennen. Wie der Systematiker, so ist auch er häufig gezwungen, unwesentliche
Merkmale heranzuziehen, nur um später das Beschriebene in einem anderen
Zusammenhänge als identisch wiederzuerkennen. Wir wollen in diesem Kapitel folgende
Eigenschaften des Magensaftes von Buccinum etwas näher bestimmen:
Farbe
Geruch
Geschmack
Sauerkeit (durch Farbpapiere, Günzburgs Reaktion, freie Säure und
Gesamtazidität)
Spezifisches Gewicht
Gefrierpunktserniedrigung
Oberflächenspannung
Viskosität
Eiweißreaktionen.
Die Mehrzahl der Feststellungen wurden an einem Verdauungssaftgemisch von 600
„Tee-Ei-Schnecken“ aus der Tiefen Rinne“ von Helgoland gemacht (vgl. Nr. 25 auf Tabelle
IV, S. 73). In einigen Punkten konnten die Beobachtungen aber auf über 3550 Tiere
ausgedehnt werden.
Die F a r b e des Magensaftes wird durch verschiedene Faktoren bedingt und ist daher
veränderlich. Sie wird durch den Sekretanteil der einzelnen Drüsen, durch den Enzymgehalt,
durch den Grad der Verdünnung mit Seewasser und durch Beimengungen des
Mageninhaltes hervorgerufen. Der Hungermagensaft (S. 67) sieht tief dunkelbraun bis
schwarz aus. Je mehr er sich während der Bemühungen am Tee-Ei mit den Sekreten der
Vorderdarm- und Oesophagusdrüsen und Seewasser vermischt, umso heller wird er. Nicht
selten beobachtet man Opaleszenzerscheinungen. Nach der Aufnahme von Fischfleisch bekommt
er ein milchigweißes Aussehen. Es handelt sich dabei um eine Suspension von
Fleischteilchen, welche dem Nahrungsballen durch die Tätigkeit der Flimmerhärchen
entrissen wurden (S. 60—61). Nach dem Durchlauf durch ein Faltenfilter erhält man den
braun gefärbten Saft zurück.
Bei einer Schnecke, welche 30 Minuten nach Beginn der „Tee-Ei-Fütterung“ getötet
wurde, fand ich 1—2 ccm wasserhellen fadenziehenden Saft von schwach saurer Reaktion
auf blaues Lackmuspapier vor. Das Tier konnte also während dieser Zeit nur sehr wenig
braunes Mitteldarmdrüsensekret sezerniert haben. Es verschluckte vielmehr den durch
Seewasser verdünnten eigenen Speichel, welcher die braune Farbe des möglicherweise
vorhandenen Hungermagensaftes übertönte.
Hirsch (1915, S. 454, 498 und 503) konnte an Pleurobranchaea und Murex durch
histologische und physiologische Stufenuntersuchungen nachweisen, daß d ie . Saftfarbe
von der Anzahl der gelösten Enzymkugeln abhängig ist. Sie erscheint umso dunkler,
je mehr Saftgebilde in der Flüssigkeit aufgelöst sind. Bei Buccinum liegt sicher etwas
ähnliches vor, denn auch ich beobachtete diese Kugeln in geringer Menge auf dem Filter
(S. 69) und bisweilen auch im Safte schwimmend, ohne allerdings den exakten Nachweis
führen zu können, wieweit es sich um Enzymkugeln aus den Mitteldarmdrüsen oder
aus der Leibleindrüse handelte. Auf keinen Fall aber wird die Farbe des Magensaftes
bei Buccinum a l l e i n von der Menge der aufgelösten Enzymkugeln bestimmt.
Ein gesetzmäßiger Zusammenhang zwischen Saftfarbe und Wasserstoffionenkonzentration
ließ sich an meinen Gemischen nicht feststellen. Dazu müßte man die Inhalte
einzelner Mägen messen, wozu mir die Apparatur fehlte. Irgendwelche nennenswerten
Verfärbungen des Saftes während des Stehens an der Luft, wie sie beispielsweise Oomen
(1926, S. 23) bei Holothurien und Graetz (1929 b, S. 378) bei Helix beobachteten, sind
mir nicht aufgefallen.
Der frisch gewonnene Magensaft ist völlig g e r u ch l o s . Beim Stehen in Zimmertemperatur
verdirbt er schnell. Darin gleicht er dem eiweißarmen Magensaft von Astacus,
während der eiweißreichere Kropfsaft von Helix wochenlang ohne Fäulnis lagern kann
[Graetz (1929 b, S. 378)]. Bei Wellhornschnecken, welche mit Fischfleisch gefüttert worden
waren, hat der Mageninhalt oft schon nach zwei Tagen einen unangenehmen Verwesungsgeruch.
Dieser haftet später auch dem filtrierten Safte an, er ist also durchaus sekundär
erworben. Auch beim Erhitzen habe ich niemals einen aromatischen Geruch wahrnehmen
können, wie ihn Oomen (1926, S. 24) bei Holothurien fand.
Der G e s c h m a c k weicht ebenfalls von demjenigen anderer Wirbelloser ab. E r ist
sowohl bei Hunger- wie auch bei Füllungssäften immer sal zi g. Niemals schmeckte er
bitter wie bei Holothurien [Oomen (1926, S. 24)] oder sauer wie bei Astacus [Krüger und
Graetz (1928, S. 480)].
Der G r a d d e r S a u e r k e i t eines Verdauungssaftes ist fü r die moderne Physiologie
von großer Wichtigkeit, da er die Wirksamkeit der Enzyme weitgehend beeinflußt. Aus
dem Grunde wurde der Magensaft nach verschiedenen Methoden auf diese Eigenschaft
hin untersucht.
Blaues L a c kmu s p a p i e r wird deutlich rot gefärbt, besonders stark ist die Rötung,
wenn man kleine Gerinsel aus Hungermagensäften auf das Papier bringt. Die Gtinz-
burg’sche Reaktion fiel n e g a t i v aus, ebenso die Probe auf Ko n g o p a p i e r . Das Gleiche
gilt von der Probe auf Mi l c h s ä u r e mit Eisenchlorid. Allerdings stört hier die Saftfarbe,
sodaß eine Täuschung möglich ist. Die G e s amt a z i d i t ä t wurde durch Titration
mit n/50 KOH zu 12 bestimmt, d. h. 100 ccm Magensaft verbrauchen 12 ccm n/10 KOH
zur Neutralisation. Indikator: Phenolphthalein in 25% Alkohol. Für den menschlichen
Magensaft beträgt die Gesamtazidität normalerweise 40—60#).
Aus diesen Bestimmungen geht mit Deutlichkeit hervor, daß k e i n e f r e i e S ä u r e
im Magensaft von Buccinum vorhanden sein kann. Dieses Ergebnis stimmt durchaus mit
dem überein, was wir sonst über die meisten Verdauungssäfte niederer Tiere wissen.
Wichtiger aber als die Berechnung der T i t r a t i o n s a z i d i t ä t ist die Bestimmung
der „ a k t u e l l e n A z i d i t ä t “ als Wasserstoffionenkonzentration (pH). Über die theoretischen
Grundlagen und Methoden vergleiche man die Darstellungen von SöRRENSEN
(1912), Mislowitzer (1928) und Michaelis (1929).
*) Für die wertvollen Ratschläge und die Mithilfe bei diesen Bestimmungen danke ich Herrn Prof. Schumm und
dessen Mitarbeiterin Frl. Dr. Mek t ens (Hamburg) bestens.