Ebenso zeigten Biphthalatpufferansätze der pH-Werte 2,96; 3,77 und 4,32 mit Catgut
als Substrat keine Aziditätszunahme, sodaß von einem Autolyse-Optimum im sauren Milieu
nicht die Rede sein kann.
Zusammenfassend schließe ich aus diesen Ergebnissen, daß die Autolysewirkung des
Magensaftes von Buccinum unter den für meine quantitativen Ansätze gewählten Bedingungen,
besonders innerhalb einer Wirkungszeit von 24 Stunden, die Fehlergrenze der
Methode nicht überschreitet, für uns also bedeutungslos ist. Dieses Ergebnis stimmt vollkommen
mit den neuesten Resultaten Mansour-Becks (1934, S. 355) überein, die auch
mit Mikromethoden keine Autolyse bei Mur ex und Buccinum nach weisen konnte.
D i e Wi r k s am k e i t d e r p r o t e i n s p a l t e n d e n Komp o n e n t e de s Ma g e n s
a f t e s von B u c c in u m wurde bereits durch die q u a l i t a t i v e Zerlegung von Fibrin
und Kasein dargetan (S. 82—83). Zur q u a n t i t a t i v e n Untersuchung wählte ich die in
der Nahrung der Wellhornschnecke außerordentlich wichtigen Proteine aus Muskelfasern
und Bindegewebe (Catgut nach S a h l i ).
Letzteres spielt in der Arbeit von S h in o d a (1928) eine große Rolle, weil dieser Forscher
glaubte, an Hand der Catgut auf Spaltung durch Flußkrebsmagensaft einen Hinweis
auf pepsinartige Wirkungen dieses Substrates zu gewinnen. Im Säugetierdarm wird nämlich
Catgut nur durch Pepsin gespalten und schien daher auch in der vergleichenden Verdauungsphysiologie
wirbelloser Tiere als Indikator für dieses Enzym geeignet zu sein.
Leider hatte es diese Bedeutung bereits im Jah re 1923 verloren, als T h o m a s und S e y m o u r -
J o n e s [zit. nach V o n k (1931)] feststellten, daß auch Trypsin bei einem optimalen pH-Werte
von 5,9 Bindegewebssubstrate zu zerlegen imstande ist. Gerade dieser pH-Wert aber ist
charakteristisch für die extrazellulären Verdauungssekrete vieler Wirbelloser [vgl. K r ü g e r
(1933, S. 569—572)].
Trotzdem lohnte es sich, die Spaltung der Sahli-Saite auch quantitativ durchzuführen;
denn man kann den Grad der Aufspaltung innerhalb der verschiedenen Pufferstufen mit
dem Auge oder auch gewichtsmäßig verfolgen. Andererseits ist es, wie auf S. 63 und auf
Tabelle I I I geschildert, sehr leicht möglich, die Catgutstücke an hungrige Tiere zu verfüttern.
Nach der Kotausscheidung findet man dann die Reste der Saite in mehr oder weniger
aufgelöstem Zustande wieder, sodaß man sich keine bessere Überwachung des physiologischen
Experimentes durch den biologischen Versuch denken kann.
Aus Tabelle I I I Nr. 8, 10 und 13 ersieht man, daß die Saite im Kote schon nach 48 bis
67 Stunden teilweise verschwunden, teilweise zerfallend bis leicht zerreißbar ist. Der auf
S. 76 geschilderte Reagenzglasversuch hingegen zeigte uns, daß bei Zimmertemperatur
von 18—20° C eine völlige Auflösung erst nach zehn Tagen stattfindet.
Wie bereits auf S. 69 erwähnt, ist die Sahli-Saite aus allen genannten Gründen vorzüglich
als Tes tobj ekt für rohes En zymma t e r i a l zu verwenden. Dies ist um so angenehmer,
als die übliche Prüfung mit der Fibrinflocke sehr unzuverlässig ist (vgl. S. 82).
In den q u a l i t a t i v e n Vo r v e r s u c h e n zeigte es sich, daß 0,01 g Catgut in 2,3
oder 5 ccm reinem Magensaft mit 0,25 ccm Toluolzusatz bei 37° C schon nach 8 Stunden
völlig zerfallen sein können. Hinzufügen von Seewasser oder Aqua dest. im Verhältnis 1:1
zum Magensaft verzögerte die Auflösung nicht. Bereits nach 4V4 Stunden konnte man eine
starke Quellung wahrnehmen, während nach 10 Minuten langem Kochen des Saftes keinerlei
Veränderung der Saite zu erkennen war, selbst wenn der Ansatz länger als 24 Stunden
bei 37° C im Thermostaten stand. Auch die Kontrollen mit Seewasser sta tt des Magensaftes
ergaben außer einer geringen Quellung keinerlei sichtbare Veränderungen der Saite.
Nach Trocknung im Thermostaten konnte sie ohne Gewichtsverlust zurückgewonnen
werden.
Qualitative Ansätze mit Puffern stimmten in ihren Ergebnissen völlig mit denen der
quantitativen Versuche überein. So konnte in einem Gemisch von 2 ccm Magensaft + 2 ccm
Biphthalatpuffer (pH 2,95) + 0,01 g Catgut + 0,25 ccm Toluol nach 24stündigem Stehen
im Thermostaten bei 37° C keinerlei Gewichtsveränderung festgestellt werden. Oft fiel mir
auf, daß die Saite im sauren Milieu allmählich dünner wurde, als ob sie von außen her
abgeschmolzen würde, während sie im alkalischen Bereiche breiig zerfiel, nachdem eine
starke Quellung vorausgegangen war.
Das E r g e b n i s d e r q u a n t i t a t i v e n B e s t im m u n g e n ist auf der Substrat-Abbau
Tabelle VI und auf Abb. 17 wiedergegeben worden. Zunächst geht daraus hervor, daß
eine Spaltung erst etwa bei pH 4,7 beginnt, was mit dem Ergebnis des oben geschilderten
qualitativen Versuches übereinstimmt. Dann steigt die Kurve bis zum Optimum im sauren
Gebiete bei pH 6,2 an und fällt in der Nähe des Neutralpunktes wieder, um im alkalischen
Milieu nochmals anzusteigen. Leider konnte ich, da für jede Versuchsreihe nur e in Magensaftgemisch
verwendet wurde, die Kurve aus Materialmangel nicht weiter verfolgen. Eine
zweiteVersuchsreihe jedoch zeigte im Prinzip das gleiche, sank aber bei pH 7,6 bereits
wieder ab. Im Vergleich mit der Wirkung des Mitteldarmdrüsensaftes, die später besprochen
werden soll, gehen wir nicht fehl, wenn wir die Lage des Optimums im alkalischen
Gebiet bei etwa pH 7,5 ansetzen.
Die Alkoholkonzentration während der Titration betrug 91%, so daß alle Carboxyl-
gruppen erfaßt wurden (vgl. S. 84). Aus der Spalte „Beschaffenheit der Saite“ auf Tabelle VI
ersieht man, daß die Wirkung des Enzyms auf das Substrat schon äußerlich gut zu erkennen
ist. Weitere Einzelheiten sollen in anderem Zusammenhänge erörtert werden.
T a b e l l e VI.
M a g e n s a f t : C a t g u t - A b b a u
Materialansatz: 5 ccm Magensaft -[- 20 ccm Puffer.
Substratansatz: 0,01 g Catgut nach S a h l i .
Verdauungsansatz: '5 ccm Materialansatz 0,01 g Substratansatz.
Antisepticum: 0,5 ccm Toluol.
Verdauungszeit: 24 Stunden bei 37° C.
Bestimmungsmethode: Alkoholtitration nach W il l s tä t t er .
Alkoholzusatz: 50 ccm 100% Aethylalkohol,
Alkoholkonzentration: 91 %.
Indikator: 0,25 ccm 1% Thymolphthalein in 100% Alkohol.
Titriert mit: n/10 KOH.
V e r d a u u n g s w i r k u n g.
Nr. Puffergemisch V erdauungsansatz- Aziditätszuwachs Beschaffenheit
pH-Werte in ccm der Saite
f.
II.
III.
H S H
IV. Na-K-Phosphat 7,49 0,78 ccm Gequollen, zerfällt
V. 7,10 0,50 „
VI. 6,66 0,56 „
VII. 6,18 0,90 „ Verflüssigt
VIII. 5,63 0,50 „ Nur noch Spuren
IX. K-Bd ph thalat-HCl 5,52 0,30 „ Fast verflüssigt
X. 5,09 0,16 „ Leicht zerreißbar
XI. 4,70 0,07 „ Schwer zerreißbar