
zu erbetteln, in die übrigen Provinzen Abyssiniens kommen.
Eine andere Secte von Priestern bedeckt sich statt
des baumwollenen Umhängtuches mit einer grossen roth
gegerbten Lederhaut, die ihnen dann zur Nachtzeit zugleich
als Lager dient, desshalb meist sehr schmutzig ist, und in
Verbindung mit dem gelblich gefärbten Turban, den diese
Zeloten gewöhnlich auch tragen, und der graubraunen
Farbe ihrer Haut, einen sehr hässlichen Anblick gewährt.
Die übrige männliche Bevölkerung unter den christlichen
Abyssiniern trägt etwas kürzere und engere Beinkleider,
die jedoch immer noch bis über die Kniee gehen,
ausserdem eine lange Leibbinde und das grosse weisse
Umhängtuch, sowie gewöhnlich auch auf der rechten Seite
des Körpers ein krummes Säbelmesser; Füsse und Kopf
sind unbekleidet, im Gegensätze mit den Mahommetanern,
die gewöhnlich eine Art von Turban und ganz einfache
lederne Sandalen tragen.
Die Bekleidung derFrauen ist derjenigen ähnlich, welche
ich bei Gelegenheit der über Simen gegebenen Mittheilungen
(Th. 2. S. 53) beschrieb. Ueber ihren Putz insbesondere
möchte etwa noch Folgendes zu bemerken seyn.
Ohrringe oder vielmehr Rosetten, welche eine Goldblume
vorstellen, und durch einen gekrümmten Draht an dem
Ohrläppchen befestigt werden, sind ein bei allen Frauenzimmern
sehr beliebter Schmuck. Aber nie sah ich in Abys-
sinien solche Ohrgehänge, wie sie Salt unter Nr. 21 der
seiner Reise beigegebenen Abbildungen dargestellt hat,
eben so wenig als ein junges Mädchen mit einem Kopftuch,
wie es ebendaselbst eine Zeichnung veröffentlicht; nur alte
Frauen tragen in Folge eines Gelübdes solche Kopfbedeckung,
und wollen damit zu erkennen geben, dass sie
sich nicht mehr zu verheirathen gedenken. Einige Frauen
tragen auch silberne Halsketten und dicke Ringe an den
Fussknöcheln, beide öfters mit kleinen glockenförmigen
Verzierungen von Silber behängt. Silberne Armspangen,
die in Senaar und Dongola in Gebrauch sind, sah ich in
Gondar nie; und nur bei einigen Negersklavinnen gewahrt
man daselbst gläserne und hörnerne Ringe an der Handwurzel.
Das Haupthaar der Frauen ist gewöhnlich kurz abgeschnitten,
oder wenn es in seinem natürlichen Zustand
bleibt, so wird es mit Anwendung von vieler Butter in
dünne anliegende Zöpfe geflochten. Es findet in dieser Beziehung
ein Unterschied der Mode statt, und diese wird
wohl gleich wie in ändern Ländern einem häufigen Wechsel
unterworfen seyn.
Die Hauptbeschäftigung der Bewohner von Gondar ist
der Handel. Da nämlich durch die häufigen Kriege die
regelmässige Verbindung zwischen den verschiedenen Provinzen
sehr oft plötzlich und auf unbestimmte Zeit unterbrochen
wird, und der öfteren Plünderungen wegen es niemals
räthlich ist, grosse Vorräthe aufzuspeichern ; so fehlt
es manchmal ganz auf einmal an couranten Artikeln, und
die Preise der meisten Waaren fluctuiren zuweilen von
einem Wochenmarkte zum ändern um hundert und mehr
Procente; ja selbst der Werth der Thaler im Verhältniss
zum Salz ist grossen Veränderungen unterworfen. Manche
Bewohner von Gondar kaufen daher an solchen Markt-
tägen, wo die Preise durch Ueberführung gedrückt sind,
die Landesproducte auf, und sind ziemlich gewiss, oft schon
in Monatsfrist ihr Capital zu verdoppeln; verführen sie
aber kleine Partieen auf entferntere Marktplätze, so haben
sie bei glücklichem Conjuncturen einen noch grösseren Gewinn.
Bei manchen Artikeln, wie Butter und Salz, ändert
sich der Preis zu gewissen Jahreszeiten ganz regelmässig;
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