
gens waren die Tähze selbst nichts weniger als decent.
Die erwachsenen Männer hatten sich bewaffnet auf dem
benachbarten Hügel um den Gouverneur versammelt, und
führten vor ihm groteske kriegerische Tänze auf, die sie
mit Gesang oder vielmehr Geheul begleiteten. Später wurden
sie in dem Hause des Gouverneurs mit dem rohen
Fleisch einiger geschlachteten Ochsen und mit dem beliebten
Hydromel reichlich bewirthet. Die Feier dieses
Festes und die nachstehend beschriebene, waren die einzigen
Veranlassungen, bei denen ich in Aby^sinien eine
Tanz- oder Gesang-Belustigung wahrnahm.
Am 16. Maskarem, der auf den 26. September fiel, war
das grosse Fest des heiligen Kreuzes *). Es ist dieses Fest
bekanntlich zum Andenken an die in Folge eines Traumgesichtes
Statt gehabte Auffindung des Kreuzes Christi
durch Helena, die Mutter des Kaisers ConStantinus, eingesetzt.
Um die Kunde jenes Fundes mit möglichster
Schnelle von Palästina nach Constantinopel zu bringen,
bediente man sich der Feuersignale, und diess zu versinnlichen,
ist der Hauptzweck der in Abyssinien bei diesem
Feste gebräuchlichen Ceremonien. Am Vorabend desselben,
bald nach Sonnenuntergang, loderte auf der Höhe
des jeder Gruppe yon Häusern zunächst liegenden Hügels
ein grosses Freudenfeuer empor. Etwas später versammelten
sich zahlreiche Gesellschaften von Männern, von denen
jeder einen acht Schuh langen Bündel brennender Rohrstengel
trug; sie besuchten in langen Processionen nach
und nach die Wohnungen der angesehensten Bewohner,
*) Ich kann nicht begreifen, wie die Redactiön des unter Pearce’s
Namen publicirten Tagebuchs (Pearce, Vol. 2. pag. 277), die Feier des
Masgalfestes, als am 17. September Statt habend, angeben konnte.
um vor einer jeden derselben einen grotesken, mit kriegerischem
Gesang begleiteten Tanz aufzuführen, wofür
sie ein kleines 'Geldgeschenk erhielten. Dieser Fackelzug
und Tanz heisst D em era. So unterhaltend es für mich
auch war, die halbnackten bronzefarbigen Männer, in dun-
keler Nacht, durch Hunderte von Brandfackeln beleuchtet,
sich taklmässig bewegen zu sehen, so konnte ich doch
nicht umhin, diese bis gegen Mitternacht dauernde Belustigung
zu verwünschen, da nur allzu leicht das Strohdach
meiner eigenen oder einer benachbarten Hütte durch
die ohne alle Vorsicht geschwungenen Fackeln in Brand
gesteckt werden konnte , was vielleicht eben diesen Eu-
menidenartigen Kerlen recht willkommen gewesen wäre,
um über meine Habe herfallen zu können.
Am Festmorgen versammelten sich, sobald der Tag
grauete, alle waffenfähigen Männer der Umgegend, theils
zu Fuss, theils zu Pferd, vor dem Hause des Gouverneurs,
und zogen von da in einer langen Procession nach einem,
eine halbe Stunde südlich gelegenen Berge, um auf dessen
Gipfel bei Sonnenaufgang einen grossen Scheiterhaufen
anzuzünden. Den Zug eröffneten etwa zwanzig Musikanten,
von welchen die meisten eine Art sehr langer
Posaunen bliesen, die einen einförmigen gellenden Ton,
wie die Hörner der Schweizer Hirten, gaben. Auch waren
einige aus irdenen Töpfen gefertigte Kesseltrommeln unter
ihren Instrumenten. Da der Gouverneur, wegen seines
kranken Beines, verhindert war, anwesend zu seyn, so
führte sein Bruder zu Pferde die Schaar an. Der Zug
mochte aus ungefähr fünfzig auf Pferden oder Maulthie-
ren reitenden Männern und vier hundert Fussgängern bestehen
, von welchen jeder mit einem Spiess und Schild
bewaffnet war, und jeder Fussgänger, obgleich es bereits