
hätten, von denen jede, gleich den Wohnungen von Ent-
schetqab, mit einer Einzäunung versehen ist. Eine grosse
geräumige Scheune war eigens zum Behufe eines Schmauses
erbaut worden, welchen Ubi seiner Begleitung hier
geben wollte. Zwei lange Reihen niederer Tische von
Flechtwerk waren aufgestellt, und mit hohen Haufen dünner
Brodkuchen bedeckt. An dem einen Ende der Scheune
stand auf einer Erhöhung ein Ruhebett für Ubi. Am Eingang
waren fünf Ochsen angebunden, die zum Mahle bestimmt
waren. Nachdem Ordonnanzbedienten alle in diesem
Speisesaal Befindlichen hinausgewiesen hatten, liess sich
Ubi auf dem Ruhebette nieder; hierauf wurde ich geholt,
und mir ein bequemer Sitz in seiner Nähe angewiesen;
dann liess man die Gäste eintreten, von welchen ein Theil
dicht zusammen gedrängt an beiden Seiten der Tische sich
niederliess, während die ändern an der Wand in einer
Reihe aufgestellt wurden, um in Geduld zu warten, bis
Plätze für sie vacant wurden. Mehrere Abgeordnete anderer
abyssinischer Häuptlinge, die in besondern Missionen
geschickt worden waren, wurden angewiesen, sich an kleinen
Tischen in meiner Nähe niederzulassen, weil sie nicht
zu denjenigen gehörten, welche bei einem'abyssinischen
Mahle nach einer gewissen Zeit weggetrieben werden, um
Ändern Platz zu machen. Ebendaselbst wurden auch die
sogenannten Standesdamen placirt, welche heute ausnahmsweise
nicht mit den Männern untermischt sassen, übrigens
aber, wie es hier zu Land gewöhnlich ist, äusserst frei in
ihren Manieren waren. Für Getana Mariam und mich waren
eigens Dienstmädchen beordert, uns die Speisen in
den Mund zü stopfen. Da ich von abyssinischen Schmausgelagen
bereits zur Genüge gesprochen habe, so bemerke
ich mit Uebergehung des Allgemeineren hier nur, dass
Ubi mir einigemal seinen eigenen Glasbecher zum Trinken
darreichte, was eine ganz besondere Ehre zu seyn schien;
denn als ich zum dritten Male den dargebotenen Becher
ablehnte, und er hierauf einem Diener befahl, denselben
dem Getana Mariam zu geben, setzte dieser das Glas des
Fürsten nicht an seine Lippen, sondern liess sich den Trank
in die hohle Hand schütten, um ihn so in demüthiger Stellung
zu schlürfen. Der ganze Tag wurde in einer ununterbrochenen
lärmenden Orgie zugebracht, wobei natürlich
an meine mit Ubi zu besprechenden Angelegenheiten
nicht gedacht werden konnte. Zum Glück hatte ich zur
gehörigen Zeit um das Obdach einer Hütte gebeten ; denn
Abends hatten wir einen tüchtigen Gewitterregen, bei
welchem auch die von uns in der Frühe passirten Berge
sich dick mit Schnee bedeckten.
Ueber die neuern politischen Ereignisse in Tigré erhielt
ich hier folgende genauere Auskunft. Nachdem Ubi
mehrere Wochen vorher in übereilter Flucht sich nach
Simen zurückgezogen hatte, verbanden sich die drei Häuptlinge,
der Nebrit von Axum, Serrafel, Djeaz von Shiré,
und Solengeda, Djeaz von Temben, gegen Djeaz Oeled
Michael, wurden aber von ihm am 15. Mai (8. Ginbot) in
einer Hauptschlacht in Temben total geschlagen. Ihr ganzes
Heer löste sich auf; Solengeda selbst ward gefangen,
Serrafel flüchtete sich in die wildeste Gegend von Shiré,
und der Nebrit von Axum suchte Schutz in dem Heiligthum
der ehrwürdigen Metropolitankirche dieser Stadt.
Oeled Michael’s siegreiche Truppen verwüsteten mit Feuer
und Schwert alle Besitzthümer der Gegner ihres Herrn,
der nun langsam gegen Adowa vorrückte. Es befand sich
also jetzt gerade der ganze Theil von Tigré, durch welchen
ich zu reisen gedachte, in einem vollkommen anar