
schränkter Suprematie hervorgerufen ward, und mit Vertreibung
aller katholischen Geistlichen und der ‘Wiedereinführung
des koptischen Ritus*) endete. Der zwei Jahrhunderte
später allmählig eingetretene gänzliche Verfall
des abyssinischen Reiches hatte auch für das Christenthum
die beklagenswerthesten Folgen, indem zugleich mit ihm
ein gewisser Indifferentismus in Betreff der Glaubensdogmen
eintrat. Hierauf hat man in der neuesten Zeit von Seiten
der römischen Kirche die Hoffnung gegründet, in jenem
Lande endlich den lang ersehnten Sieg über den Arianismus
zu erringen. Moralische Hebung des Volks scheint
dabei wenigstens vorerst nicht im Geringsten erstrebt zu
werden, sondern man bezweckt sicher jetzt, wie vor drei
Jahrhunderten, nur die Einführung einiger äusseren Cere-
monien und des blinden Glaubens an schwierige Lehrsätze.
Wie wenig Hoffnung ist unter diesen Umständen vorhanden,
dass die grosse Ignoranz und Unsittlichkeit schwindet,
in welche gegenwärtig die ganze Bevölkerung von
Abyssinien versunken ist? Ich enthalte mich, von den verschiedenen
Subtilitäten zu reden, auf welchen das Schisma
der abyssinischen Christen beruht, theils weil ich religiöse
Forschungen mir nicht zur Aufgabe gemacht hatte, theils
auch weil der Missionair Samuel Gobat in seinem Berichte
über Abyssinien diesen Gegenstand ausführlich und mit
Sachkenntniss erörtert hat **).
Nach meinen eigenen Erfahrungen stehen die Bekenner
des mahommetanischen Glaubens in Abyssinien mora*)
Dieses geschah gegen Ende der Regierung des Kaisers Susnjis;
Combes und Tamisier, Band 2. S. 33, machen auch in dieser Beziehung
eine Irrung, indem sie sagen, dieser Kaiser habe den griechischen
Ritus in Abyssinien eingeführt.
**) Magazin der Missions - und Bibelgesellschaft, Jahrgang 1834.
lisch hoch über den dortigen Anhängern des Christenthums,
sowohl denen der arianischen Lehre, als auch jedes ändern
Ritus. Ich wiederhole diese bereits an mehreren Stellen
meines Berichts gegebene Erklärung mit dem Bemerken,
dass die Ausbreitung der mahommetanischen Religion in
Abyssinien gegenwärtig Fortschritte macht. Wenn nun ein
neuer Conflict zwischen der katholischen Kirche und den
ignoranten abyssinischen Geistlichen hervorgerufen wird,
so könnte es leicht geschehen, dass dadurch beim Volk
nur zu Gunsten des Mahommetanismus gearbeitet würde.
Controverse können ausserdem der moralisch tief gesunkenen
Geistlichkeit des Landes nicht auflielfen; und wenn
diess von aussen her bewirkt werden sollte, so könnte es
nur durch einen von Cairo zu schickenden koptischen P atriarchen
geschehen, was freilich selbst wieder rein chimärisch
ist. Ich muss gestehen, dass bei dem jetzigen gesetzlosen
Zustand des ganzen Landes, nach meinem Urtheil,
nicht der geringste Hoffnungsstrahl einer sittlichen Regenerirung
der Nation leuchtet, und dass der vollkommene
Mangel einer kräftigen Regierung das Haupthinderniss
dabei ist und um so schwerer zu beseitigen seyn wird, da
gegenwärtig auch nicht eine einzige Fraction des Volkes
an die Herstellung einer solchen denkt. Der letzte Schatten
eines gemeinsamen politischen Oberhauptes ist mit der
Absetzung des Kaisers Saglu Denghel geschwunden. Die
Geschichte der letzten sechzig Jahre zeigt eine vollkommene
politische Auflösung des Landes und dreht sich bloss
um die Häuptlinge, welche in den verschiedenen Provinzen
, als gleichsam von einander unabhängigen Staaten,
sich zu unumschränkten Herrschern aufwarfen, durch List
und Kühnheit -ihre Nebenbuhler verdrängten, und dann
meistens wieder selbst durch die Treulosigkeit ihrer Ver