
rund um grosse Tische von Rohrstängeln errichtet, auf
denen jeder Gast eine gleich grosse Quote rohen Fleisches
und eine Portion Knochen sehr gewissenhaft zugetheilt bekam.
In einer besonderen kleinern Hütte stand eine lange
Reihe ungeheuerer Humpen, welche wenigstens je zwei
Ohm fasten und mit Gerstenbier gefüllt, insgesammt bis
auf den letzten Tropfen geleert wurden. Da die meisten
Gäste, wegen der Entlegenheit ihrer Wohnungen und der
den Abyssiniern eigenen Furcht vor nächtlichen Wanderungen,
hier zu schlafen gedachten, so würde sich das Gelage
gewiss bis spät in die Nacht hinein verlängert haben,
wenn es nicht durch nachfolgenden traurigen Vorfall gestört
worden wäre. Gegen Abend trieb unversehens der
Wind von dem in der Niederung brennenden Grase her
einen Flammenstrom bis in die Nähe des Dorfes. Einige
Knaben, welche gleichfalls dem Gastmahle beigewohnt und
vermuthlich etwas zu viel Gersten hier getrunken hatten,
belustigten sich damit, vor der voranschreitenden Flamme
herumzüspringen, und mitunter auch um die Feldmäuse zu
haschen, w'elche von dem Feuer aus ihren Höhlen vertrieben
wurden, auf welche auch die vielen am Rande der Flamme
umherflatternden Raubvögel unter lautem Geschrei fortwährend
Jagd machten. Unversehens fiel einer jenerf Knaben
von ungefähr zehn Jahren, über eine Baumwurzel stolpernd,
auf den Boden hin. Die um fünfzehn Fuss hohe
Flamme ergriff- alsbald das Umhängtuch desselben, und zog
züngelnd über den Körper des Unglücklichen hin; und obgleich
das Tuch durch nichts befestigt war, so bewirkte
doch die Hitze des Feuers, dass in weniger als einer Viertel
Minute die Epidermis an den meisten Stellen des Körpers
sich gehoben und theilweise abgelösst hatte. Das Geschrei
des gleichsam geschundenen Knaben zog schnell die
ganze Gastgesellschaft und die Weiber des Dorfes herbei.
Ich rieth, sogleich auf alle angebrannten Stellen grüne
und mit frischer Butter beschmierte Blätter zu legen; allein
man hielt es für besser, dem Rathe eines Geistlichen gemäss,
ein schwarzes Huhn über dem Körper des Leidenden
zu schlachten und die verbrannte Haut mit Honig zu bestreichen,
wobei das geschlachtete Huhn jenem Priester-
Arzte als Gratification für seine Cur anheimfiel. Nach vier
Stunden jedoch gab der Knabe, unter allgemeinem Jammergeschrei,
seinen Geist auf.
Vielerlei lächerlichen Aberglauben abgerechnet, der
die hiesigen Einwohner charakterisirt, fand ich diese gut-
müthig und dienstfertig, und in jeder Beziehung besser,
als die Leute zu Gondar, die mir jene so Ungünstig geschildert
hatten. Die Männer und sogar auch die Knaben
gehen hier nie anders als bewaffnet aus, was wohl in der
isolirten Lage der verschiedenen Ansiedelungen, und in
der Furcht, von den nördlich wohnenden Schangalla räuberisch
angefallen zu werden, seinen Grund hat. Dass
diese Schangalla weder durch Gesichtsbildung, noch
Farbe, sondern bloss durch eigentbümliche Sprache und Religionsbegriffe,
sich von der Masse der Abyssinier unterscheiden,
ward mir hier abermals auf das Zuversichtlichste
versichert; leider aber konnte ich über beides keine nähere
Auskunft erhalten, was um so mehr zu bedauern ist, da
die darüber von Bruce und Salt gemachten Mittheilungen
ganz bestimmt irrig sind. — Hier in Negadit haben die
Einwohner den Gebrauch, ihre Fruchtvorräthe in grossen,
aus gespaltenen Rohren geflochtenen Körben aufzubewahren,
welche bei einer Höhe von sieben Fuss, ungefähr drei
Fuss im Durchmesser haben, unten zugerundet sind, nach
oben aber allmählig schmäler werden, so dass der sie
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