
ritt mit Getana Mariam in die nach Süden zu gelegene
Vorstadt Is lam B e d . In diesem bloss von Mahommetanern
bewohnten Quartiere machten wir dem Hauptzollpächter
einen Besuch, ohne dessen Erlaubniss kein beladenes
Maulthier in die eigentliche Stadt gehen darf. Ich wurde
von demselben mit ausgezeichneter Höflichkeit empfangen
, und alsbald durch die Erklärung überrascht, dass
Djeaz Ubi ihm durch einen direct von Adowa aus abgeschickten
Boten angezeigt habe, dass alle meine Effecten,
als nicht unter die Kategorie von Handelswaaren gehörend,
von jedem Zolle frei seyen, und ich mithin jetzt
oder in Zukunft gehen und kommen könne, wohin und
wie ich wolle, ohne dass irgend etwas von meinem Gepäck
besichtigt, oder ich auf irgend sonst eine Weise belästigt
werde.
Zu den Maulthieren an den Angerab zurückgekehrt, begannen
wir nun in einer Art von feierlichem Aufzuge am
Hügel aufwärts nach Gondar zu ziehen. Zwanzig mit Luntenflinten
bewaffnete Abyssinier eröffneten den Zug; ich
selbst hatte noch vom Besuch beim Zolleinnehmer her '
meinen grossen Scharlachmantel umhängen; neben mir
ritt Getana Mariam und um uns mehrere der angesehensten
Geschäftsleute der Stadt; mein vieles Gepäcke, welches
durch die fremdartigen und umfangreichen Körbe
mit Naturalien auffallend gross erschien, schloss den Zug.
Viele Neugierige eilten herbei. Plötzlich verbreitete'sich
unter den Frauen des Volkshaufens das Gerücht, ich komme
aus Egypten und sey der neue Patriarch, dem man schon
seit Jahren in ganz Abyssinien mit Ungeduld entgegen
sah; und nun brach die ganze Volksmenge zur Bewillkommnung
in ein freudiges Geschrei aus, und sehr viele
Leute folgten, theils aus Neugierde, theils aus Ehrfurcht,
unserm Zuge. Ich stieg in Getana Mariam’s Hause ab,
um hier so lange zu bleiben, bis eine andere von ihm
eigends für mich bestimmte Wohnung gehörig eingerichtet
wäre. So hatte ich denn glücklich die Hauptstadt
Abyssiniens, das lang ersehnte Ziel meiner Wünsche, erreicht,
und zwar mit weit weniger Schwierigkeit, als ich
mir nach den Berichten aller meiner Vorgänger vorgestellt
hatte.
§. 3.
Erster Aufenthalt in Gondar.
Die eigentliche Stadt Gondar liegt auf einem von
Norden nach Süden ziehenden vulkanischen Hügel', an
dessen südlichen und westlichen Abhang sich eine Art
von Vorstädten anlehnt. Nach Norden zu steht der Hügel
durch eine flache Verlängerung mit ändern Anhöhen in
Verbindung. Der östliche Fuss desselben wird vom Flüsschen
Angerab, der westliche vom Flüsschen Gaha bespült,
die beide von Norden her aus Thalniederungen kommen,
sich eine halbe Stunde südlich von Gondar mit einander
vereinigen, und dann in geschlängeltem Laufe dem Zana-
See zufliessen. Die Stadt hat weder eine besondere Einzäunung
noch Befestigungswerke; sie besteht aus einzelnen
Gruppen mehr oder weniger dicht zusammen liegender
Häuser, welche durch grosse mit Trümmern und Rohrgebüsch
bedeckte Räume von einander getrennt sind. Am
nördlichsten Ende der Stadt liegt das alterthümliche R esidenzschloss
der Kaiser *) , ein massives , mit einigen
Bei Bruce,. Vol. 3. pag. 430, lieisst es, zweifelsohne in Folge
eines Schreibfehlers: „à l’occident de la ville on distingue le palais des