
beschäftigen sich die hiesigen Bewohner nur mit etwas
Ackerbau. Die vornehmsten Leute der Provinz Tigré haben
jeder eine Wohnung zu Axum, in welche sie nöthi-
genfalls ihre Person und einiges Eigenthum in Sicherheit
bringen, da die Stadt von den verschiedenen Parteien als
ein unverletzliches Heiligthum betrachtet wird ; unter der
Aegide der Kirche sind hier die erbittertsten Feinde vor
einander vollkommen sicher, furchtlos gehen sie einer an
dem ändern vorbei, und ihre Rachgier bleibt hier stets
passiv. So war z. B. eben jetzt der Nebrit Aram in Axum,
welcher kurz vorher in Verbindung mit Serrafel den Djeaz
Oeled Michaél bekämpft hatte, und Letzterer kam zu
gleicher Zeit zu einem Besuch der Metropolitankirche in
die Stadt. Es war am 5. Juni, als dieser Häuptling von
Agamé sich hier einfand, theils um ein Dankgebet für die
vor Kurzem in Temben erfochtenen Siege zu verrichten,
theils auch, um sich mit Serrafel, den er zu einer Zusammenkunft
eingeladen hatte, wegen eines abzüschliessenden
Vergleichs zu besprechen. Oeled Michael’s Begleitung bestand
aus einem Tross schlecht bewaffneter R eiter, die
grossentheils zu seiner Verwandtschaft gehören, und von
welchen jeder einen Sphwarm zu Fuss gehenden Gesindels,
das man hier zu Land Soldaten nennt, bei sich hatte. Die
Geistlichkeit empfing diese Schaar an dem Eingang in den
H of der Metropolitankirche, und führte sie mit sogenanntem
Gesang feierlich in diese ein. Die Ceremonien, welche
hierauf im Innern der Kirche statt fanden, konnte ich nicht
mit ansehen, da mich gerade ein zu Oeled Michael’s Gefolge
gehöriger Grieche, Namens Bascha Demetrius, besuchte,
dessen Bekanntschaft mir um so erwünschter war;
weil Lik Atkum mir ihn als einen gefälligen und rechtlichen
Mann besonders empfohlen hatte. Dieser Demetrius,
von Profession ein Waffenschmied, trieb sich damals schon
seit zwei und zwanzig Jahren in Abyssinien umher. Obgleich
er für jegliche mechanische Arbeit viel Geschick
hatte, und auch Geistesgewandtheit besass, so gelang es
ihm doch nie, so viel Geld zusammen zu bringen, um die
Kosten zur Reise in sein Vaterland bestreiten zu können,
wohin er sich sehnlichst zurück wünschte, seitdem er den
erbärmlichen Zustand von Abyssinien zu erkennen Gelegenheit
gehabt hatte. Dasselbe Schicksal hatte Pearce gehabt,
der ohne Salt’s pecuniaire Unterstützung wohl schwerlich
Abyssinien je wieder hätte verlassen können. Nur
Subjepte, wie Valentia’s Bedienter Coffin, deren Natur
dem abyssinischen Wesen zufällig entspricht, können an
einem längeren Verweilen in jenem Lande Gefallen finden.
Ich hebe diess besonders desshalb hervor, um europäische
Abenteurer zu enttäuschen, die in Abyssinien auf eine
oder die andere Art ihr Glück machen wollen. Demetrius
war nach und nach in den Diensten verschiedener abys-
sinischer Häuptlinge gewesen, immer vergebens hoffend,
einen zu finden, bèi welchem wahre Hingebung und feste
Anhänglichkeit ihm so viel persönlichen Vortheil verschaffen
würde, als zur Erreichung seines Endzwecks erforderlich
sey; in ganz Abyssinien war er als Mann von Muth
und Rechtlichkeit, als dienstfertig und uneigennützig gekannt;
und doch befand er sich sowohl früher, als auch
jetzt, wo ihm Djeaz Oeled Michael das grösste Vertrauen
zeigte, in sehr dürftigen Umständen. Dieser Grieche ver-
half mir zu einer Privatunterredung mit seinem Gebieter,
in welcher ich wegen meiner sichern Weiterreise nach
Massaua unterhandeln wollte. Wie gewöhnlich gab ich auch
jetzt durch schöne Geschenke meinen Wünschen eine Bekräftigung,
erwähnte ausserdem bei guter Gelegenheit, dass