
für die Breite 12» 35' 53" *). Ich kann nicht umhin, meine
Bewunderung über die Genauigkeit der von Bruce zu Gon-
dar gemachten astronomischen Beobachtungen auszusprechen.
Nach vielen Immersionen von Jupiter’s Trabanten,
welche Dr. Maskelyne berechnete, bestimmte dieser Reisende
die Länge von Gondar auf 2h 29' 53" in Zeit, d. i.
37« 28' 15" in Graden**). Das Resultat seiner Breite-Beobachtungen
war 12° 34' 30", was beiläufig zwei Minuten von
meinen Bestimmungen abweicht, da Bruce’s Wohnung mehr
nördlich als die meinige lag.
Der Leser wird sich erinnern, dass ich in Massaua dem
Getana'Mariam sechshundert Species-Thaler gegen das Versprechen
übergeben hatte, mir dieselben einige Monate
nach unserer Ankunft zu Gondar zurück zu erstatten ***),
Von dieser Summe hatte er mir, mit Abzug der ihm bei
Gelegenheit seiner Reise nach Entschetqab geschenkten
dreissig Thaler, dreiviertel wirklich nach und nach abgetragen;
für die Rückzahlung der übrigen einhundert und
fünfzig Thaler war aber, so viel ich sah, vorerst keine
grosse Wahrscheinlichkeit vorhanden. Ich machte ihm dabei
den Antrag, diese Summe ihm zu schenken, wenn er
es übernähme, mich sicher bis Adowa zu geleiten. Er ging
zu meiner Freude auf diesen Vorschlag ein, was, wie ich
aus unsei er früheren gemeinschaftlichen Reise ermessen
konnte, in den gegenwärtigen schwierigen Verhältnissen
*) Um es möglich zu machen, diese Bestimmungen auf einen festen
Punct zu reduciren, bemerke ich, dass der hohe Thurm des kaiserlichen
Schlosses im Norden meiner Wohnung, und zwar unter einem
Winkel von 33° Nordost mit dem Meridian der Magnetnadel liegt, die
directe Entfernung zwischen beiden Puncten aber 1940 französische Fuss beträgt.
**) Appendix zu Bruce’s Reisen, ***) Theil I. Seite 279. 8° Edition, Vol. 7. pag. 389.
mir von sehr grossem Nutzen seyn musste. Ich erkenne
darin, dass Getana Mariam mir aus freien Stücken jene
Dreiviertel seiner Schuld zurückzahlte, eine rühmenswerthe
Ehrlichkeit; denn obgleich er mit diesem Geld in der Zwischenzeit
sicherlich hundert Procent gewonnen hatte, so
hing die Rückzahlung doch in mancher Beziehung von
seinem guten Willen ab, und ich hatte durchaus kein Mittel,
dieselbe von ihm zu erzwingen: ein Umstand, der sonst
für gar viele Menschen allzu verführerisch ist, als dass sie
der lockenden Aussicht auf grossen und leicht zu erlangenden
Gewinn widerstehen könnten. Die Schuldforderung
an Getana Mariam verschaffte mir Gelegenheit, einen ändern
edlen Zug eines Abyssiniers zu erkennen, der, bei dem
moralischen Zustande und den pecuniären Verhältnissen
dieses Landes, ebenfalls sehr hoch anzuschlagen ist. Mit
Lik Atkum nämlich stand ich fortwährend auf einem sehr
freundschaftlichen Fusse, und selten verging ein Tag, ohne
dass einer den ändern besuchte. Als ich diesem Biedermanne
einmal gesprächsweise äusserte, dass ich in Geldverlegenheit
zu kommen fürchtete, wenn mir Getana Mariam
nicht bald eine Abschlagszahlung mache, eilte er
schnell nach Hause und holte acht und vierzig Thaler, den
Rest des Geldes, welches ich ihm einige Zeit vorher für
das prachtvolle Manuscript der Weltgeschichte des Geor-
gius Oeled Amid gezahlt hatte. Er wollte mich nöthigen,
dieses Geld leihweise zu nehmen, um es ihm später von
Massaua oder Djetta aus zurück zu erstatten. Tiefgerührt
von einem solchen Edelmuth und Vertrauen, lehnte ich
dankend dieses Anerbieten ab, indem ich zu verstehen gab,
dass, wie es auch mit jener Schuldforderung gehen werde,
ich doch immer noch Mittel genug zur Bestreitung der
nöthigsten Ausgaben zu besitzen glaube.