
riam, bis eine andere in Farasbed gelegene Wohnung
zurecht gemacht, d. h. im Innern gereinigt, das Strohdach
ausgebessert, und die Holzthüren wieder befestigt und
schliessbar gemacht waren. Hier erhielt ich alsbald sehr
viele Besuche von den achtbarsten Bewohnern der Stadt,
die von meiner bevorstehenden Ankunft durch GetanaMa-
riam’s Erzählungen, so wie durch die von Simen eiuge-
gangenen Nachrichten Kunde erhalten hatten. Von diesen
Personen war mir die wichtigste Lik Atkum, ein sechs-
zigjähriger, bildschöner, schon durch sein Aeusseres sehr
anziehender Mann, der aus eine,r der ersten Familien Abys-
siniens entsprossen war, wie auch sein Titel anzeigte; denn,
mit dem Worte Lik bezeichnete man im ehemaligen abys-
sinischen Kaiserreiche die zwölf obersten Richter des Landes.
E r erklärte mir, er habe schon als Knabe seihen Vater
und seinen Grossvater immer mit ausgezeichneter Achtung
von den Europäern reden hören; namentlich hätten
ihm beide stets mit Bewunderung von Bruce gesprochen,
den sie persönlich kennen gelernt hatten; er selbst sey in
dieser guten Meinung von meinen Landsleuten durch seine
nähere Bekanntschaft mit Herrn Samuel Gobat bestärkt
worden; *) auch mit mir bekannt zu werden und Freundschaft
zu schliessen, sey der Zweck seines Besuchs, und
er hoffe, dass mein beabsichtigter längerer Aufenthalt in
Gondar ihm Gelegenheit verschaffen werde, mir thätige
Beweise seines Wunsches, mir dienlich zu seyn, zu geben.
Ich werde sehr oft im Verlaufe meiner Erzählung vöii diesem
Manne reden, dessen wirklich ungeheuchelte Freundschaft
mir von sehr grossem Nutzen gewesen ist. Auch
*) Herr Gobat redet an vielen Stellen seines Missionsbericbts aus
Äbyssinien von diesem Manne, den er Lu Ateku nennt, z. B. p. 175.
180. 182. u. 193.
viele der angesehensten Geistlichen der hiesigen Kirchen
kamen mich zu besuchen. Diese suchten die Unterhaltung
immer auf religiöse Gegenstände zu lenken, ich lehnte aber
diese Art von Discussionen auf das Bestimmteste mit der
Erklärung ab: meine Untersuchungen und Forschungen beträfen
vorzugsweise die Heilkunde, zu deren Erweiterung
ich die verschiedenen Thiere und Pflanzen aller Länder
kennen müsse, denn Gott habe nichts Unbrauchbares
geschaffen, und die Menschen müssten nur den Nutzen eines
jeden Körpers aufzufinden suchen; was den Glauben
angehe, so hielte ich mich streng an die Vorschriften der
heiligen Schrift, ohne Rücksicht auf die verschiedenen Zusätze
und Auslegungen zu nehmen, welche von den einzelnen
Religionssecten angenommen worden wären1; übri-^
gens müsse ich auch im Voraus ihnen anzeigen, dass ich
weder die abyssinischen Fasten beobachten, noch mich
scheuen würde, von dem durch Mahommetaner geschlachteten
Vieh zu essen; ich wollte damit keineswegs der religiösen
Bedeutung der in Äbyssinien geltenden entgegengesetzten
Vorschriften Eintrag thun; in meinem Vaterlande
kenne man aber solche nicht, und dann hätte ich
in Egypten gesehen, dass der dortige koptische Patriarch,
den die Abyssinier doch als das Haupt ihrer Kirche ansähen,
sowie alle Christen im ganzen türkischen Reich
überhaupt kein anderes Fleisch ässen und essen könnten,
als solches, das durch die Hände von Mahommetanern gegangen
sey; ich hätte daher um so weniger nöthig, mich
der Befolgung der abyssinischen Gebräuche zu unterwerfen.
Da mehrere einflussreiche Priester der Stadt eine Pilgerreise
nach Jerusalem gemacht hatten, und somit die
Richtigkeit meiner Aussage anerkennen mussten, sö trug
diess nicht wenig dazu bei, zwecklose Discussionen über