
daselbst keine Plünderungen befürchtet. Besonders wird
hier viel rohe und zu Zeugen verarbeitete Baumwolle verkauft
; die Letzteren kommen sämmtlich aus der westlich
von Dembea nach Senaar liegenden Provinz Quara, woher
sie theils auf Eseln, theils auf dem See gebracht werden.
Die rohe Baumwolle wird hier, wie in Simen, mit ihren
Samenkörnern verkauft, und zwar gewöhnlich gegen das
gleiche Gewicht Salz. Das Ausscheiden der Samenkörner
mittelst eines eisernen Stäbchens, welches auf einem flachen
Steine mit den Händen hin und her gerollt wird, ist eine
langsame und ermüdende Arbeit; zum Aufschlagen derselben
bedient man sich eines elastischen Bogens und zum
Spinnen der Handspindel. Eine fleissige Frau kann, nach
den von mir eingezogenen speciellen Erkundigungen, in
einem Jahr so viel Gespinst fertigen, als für zwölf vollständige
Umhängtücher erforderlich ist. Diese werden hier
durchschnittlich zu ein und zwei drittel Species-Thaler verkauft;
und da die baaren Auslagen bei der Fertigung eines
jeden dieser Umhängtücher für den Ankauf der rohen
Baumwolle, und der aus Indien kommenden roth und blau
gefärbten und zu den Randborden verwendeten Läppchen,
sowie für den Weberlohn fünf sechstel Thaler betragen,
so verdient also eine Frau durch das Spinnen von zwölf
solcher Tücher in einem ganzen Jahr im glücklichen Fall
zehn Species-Thaler, womit sie dann sich und ihre Kinder
erhalten muss. Es ist daher nicht wohl möglich, bei dieser
Arbeit etwas zu erübrigen, und wenn eine Familie nicht
zugleich Feldbau treibt, so kann sie dabei nicht bestehen.
Der Ackerbau ist glücklicher Weise von sicherer Ergiebigkeit,
und erfordert nicht viel Arbeit; in der Regel sind
hier auch die Lebensmittel ungemein wohlfeil, und kosten
nur halb so viel als zu Gondar.
Die Ruhe des Friedens, dessen sich die Bewohner von
Kiratza unter dem Schutze einer fast unabhängigen hierarchischen
Verwaltung erfreuen, hat es sicherlich veranlasst,
dass hier mehrere Handwerker sich angesiedelt haben,
welche mitunter für Abyssinien recht nette Arbeiten liefern.
Einige Schmiede verfertigen ausschliesslich Säbelmesser,
wie sie von den Landeseingebornen getragen werden;
ein anderer macht Rasiermesser und sogar Scheeren. Ich
besuchte einen Messinggiesser, welcher ziemlich hübsche
und gut gearbeitete kirchliche Gegenstände, wie Kreuze
und Weihrauchgefässe, und Beschläge für die Pferdegeschirre
verfertigte. Wieder andere schmieden Lanzenspitzen
und Pflugschaare. Auch werden hier geschätzte
Lederschilde, gepresste Bücherdecken, Säbelscheiden und
andere Dinge der Art gemacht, welche insgesammt mit
den besten Arbeiten von Gondar den Vergleich aushalten
können. Die Feilen, deren sich die Metallarbeiter bedienen,
werden in Shoa gefertigt, und sind begreiflicher
Weise sehr roh gearbeitet.
Unter den Producten der Gegend von Kiratza muss
auch der Kaffee angeführt werden. Beinahe an jeder Wohnung
des Orts befindet sich eine Gruppe von Kaffee-
Sträuchen, und diese Pflanze gedeiht auf dem dortigen
basaltischen Boden recht gut und gewissermassen ganz
ohne Pflege. Man sammelt die zeitigen Bohnen zwar regelmässig
ein, aber bloss um sie als Handelswaare zu verkaufen;
denn die Christen Abyssiniens trinken in der Regel
keinen Kaffee. Uebrigens ist der auf den Hügeln um das
südliche Ufer des Zana-Sees wachsende Kaffee wenig geschätzt,
und wird hier höchstens mit einem Speciesthaler
für fünfzig Pfund (zu je zwölf Unzen) bezahlt. Der aus
den südwestlich gelegenen Provinzen Narea und Kaffa kom-
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