
ich vor Jahresfrist in Ategerat, als das Glück ihm so wenig
zulächelte, ähnliche Gaben für ihn niedergelegt habe. Ich
ward mit einer gewissen Kälte und Zurückhaltung auf eine
spätere Unterhaltung in Adowa verwiesen, wohin in einigen
Tagen der Häuptling von Agamö zu kommen beabsichtigte.
Oeled Michael war der älteste damals lebende
Sohn des Djeaz Sabagadis, und stand ungefähr im vier
und dreissigsten Lebensjahre. Er hatte eine untersetzte,
aber schlanke Statur und regelmässige feine Gesichtszüge,
in welchen aber kein kräftiger Charakter sich ausdrückte;
er sprach wenig; und sein ganzes Wesen machte auf mich
den Eindruck eines kalt berechnenden Tyrannen. Nach
des Demetrius Versicherung war es für ihn stets ein besonderes
Vergnügen, Feinde durch Flintenschüsse in grösser
Entfernung zu tödten, und er soll es darin mit seiner
langen Luntenilinte zu einer ungewöhnlichen Geschicklichkeit
gebracht haben, so dass er angeblich- auf diese
A rt schon bei siebenzig Menschen mit eigener Hand erschossen
hat.
Während meines Aufenihalts zu Axum machte ich eine
Reihe von astronomischen Beobachtungen und barometrischen
Messungen, nach welchen die Breite meiner mit der
Metropolitankirche in gleicher Parallele gelegenen Wohnung
14° 7 ' 49" ist, und die absolute Höhe derselben
sechs tausend sechs hundert und zwei und fünfzig französische
Fuss beträgt.
Am 7. Juni setzte ich mich früh am Tage in Marsch, um
zu meinen Leuten nach Adowa zu ziehen. Der Weg ging
in direct östlicher Richtung^ am Fusse eines nach Norden
gelegenen vulkanischen Hügelzugs hin und durch eine
steinige Fläche, welche stellenweise für den Ackerbau benutzt
ist. Die Blasenräume- der dortigen Lava enthalten
viele kleine Nieren von Chalzedon, von denen viele in
Folge der Verwitterung des Gesteins, vereinzelt auf dem
Boden liegen *). Nach einem Marsche von dritthalb Stunden
kamen wir an eine Schieferfelsformation, mit deren
Beginn die Gegend hügelig ward. Mit Ausnahme einiger
Kronleuchter-Euphorbien war alles von Gesträuch ent-
blösst. Der Weg ging allmählig etwas Vergab. Nahe bei
Adowa ist etwas Wiesengrund, und in demselben befindet
sich das Bette des Flüsschens A ssa, welches nach Südwest
zu in den Takazzö abfliesst. Die ganze Entfernung von
Axum nach Adowa beträgt vier ein viertel Stunden Wegs.
§.9.
Aufenthalt zu Adowa und Reise von da nach
Massaua.
Adowa, in jeder Beziehung die bedeutendste Stadt von
Ost-Abyssinien, liegt am westlichen Abhange eines Hügels,
der aus Urthonschiefer besteht, und an dessen Fuss
das Flüsschen Assa dahin fliesst. Diese Stadt, welche für
den Handel mit der Küste des rothen Meeres als das
Emporium von ganz Abyssinien zu betrachten ist, kam in
neuerer Zeit durch die fortwährenden Bürgerkriege und
Plünderungen sehr in Verfall. Viele Wohnungen sind ver*)
Bereits Salt erwähnt dieser Chalzedon-Nieren auf seinem Weg
von Adowa nach Axum, dessen Beschaffenheit er Seite 404 folgender-
massen beschreibt: „extensive and highly cultivated plain, on the surface
of which numerous specimens of different coloured spars and
agates were found.“