
die Vegetation der Umgegend war daher sehr eingetrocknet,
und da überhaupt Bäume hier nur in gering'er Anzahl,
bei einigen wenigen Kirchen und Wohnungen, sich finden,
so ist in dieser Jahreszeit der Gesammt-Eindruck der Gegend
ein höchst unfreundlicher. War es nun Folge dieses
Umstands oder meines Verlangens, baldmöglichst an die
Küste zurückzukehren, genug, die Z eit, welche ich hier
verleben musste, war mir die unangenehmste meines g'an-
zen Aufenthalts in Abyssinien. Endlich, am 17. Juni, hielt
Djeaz Oeled Michael mit seiner wilden Kriegerschaar seinen
Einzug in Adowa, schlug aber sogleich wieder ein
Lager unmittelbar im Nordosten der Stadt auf, angeblich
weil in dem von seinem Vater in der Stadt erbauten
Hause kurz nach einander mehrere Personen der Verwandtschaft
gestorben wären, vermuthlich aber, weil er
sich im Freien besser gegen einen Ueberfall vertheidigen
zu können hoffte. Dorthin liess der Häuptling mich zu
sich bescheiden, und stellte mir die W^ahl frei, entweder
in sechs Tagen mit ihm selbst bis Halai zu ziehen, wodurch
ich gegen jede Unannehmlichkeit auf dem Wege,
geschützt wäre, oder sogleich mit Hadgi Agos, einem seiner
vertrauten mahommetanischen D iener, abzureisen,
den er mit Antwortschreiben an Coffin und den Naib von
Arkiko abschicken wollte. Ungeachtet nun der noch sehr
zweideutige Ruhezustand in den Districten zwischen hier
und Halai, wo man sich theilweise dem Oeled Michael
noch nicht unterworfen hatte, es räthlich machte, mich
dem Marsche dieses Häuptlinges anzuschliessen: so machte
doch ein guter Genius in mir den Gedanken überwiegend,
dass die Begleitung eines Dieners desjenigen Häuptlings,
welcher wegen seines bevorstehenden Kriegszugs gerade
jetzt grossen Respect gegen seine Schützlinge einfiössen
müsse, mir gewiss allen nöthigen Schutz gewähren würde.
Ich entschloss mich also zur unverzüglichen Abreise, und
entging dadurch, wie die Folge zeigte, ohne es zu ahnen,
einem fast gewissen Tode. Da ich wusste, dass der Naib
von Arkiko sämmtliche Maulthiere, die ein aus Abyssinien
kommender Europäer mitbringt, als ein schuldiges Geschenk
gewaltsam wegzunehmen pflegt, so verkaufte ich
mehrere meiner Lastthiere, die der unzureichenden Nahrung
wegen doch schwerlich die ferneren Reisestrapazen
hätten aushalten können, belud gedungene Lastträger mit
dem grössern Theil meines Gepäcks, und miethete mir
für die Fortschaffung der nöthigen Lebensmittel zwischen
hier und Halai andere Maulthiere.
Wir marschirten am 19. Juni vier ein viertel Stunden
in ostnordöstlicher Richtung durch eine allmählig ansteigende
Gebirgslandschaft von Thonschieferfels. Im Osten
des Wegs lag der Flecken Gandufto unfern eines vulkanischen
Hügels, welcher die den Thonschiefer bedeckenden
Sandsteinschichten durchbrochen hat. Hierher ist die
Wasserscheide des Takazzö-Gebiets zu versetzen, da alle
Bäche von Adowa bis zu den Höhen von Gandufto ihren
Abfluss nach Südwesten haben, diejenigen aber, welche
wir im ferneren Verlauf unseres Weges nach Halai pas-
sirten, nach Nord westen fliessen. Von den Letzteren ist
nur einer, Namens Anguja, von einigem Belang; sie verlieren
sich insgesammt in einem nordwestlich liegenden
sumpfigen und beholzten District, den die Abyssinier Ma-
leb benennen *). Die Europäer haben hieraus einen Strom
gemacht. Diesen vermeintlichen Fluss Maleb oder Mareb
lässt Berghaus auf seiner Karte des Nilstromes, von seiner
*) Siehe Band 1. Seite 308 meiner Reise.