
schräglaufender Gang führt vom Hofraume unmittelbar
in den obern Stock, der also mit dem ' ErdgOeschoss in keiner
directen Verbindung steht. Aus dem Ersteren gelangt
man vermittelst einer in dem südlichen Thurme befindlichen
Stiege auf die Plattform des Gebäudes, welche
rundum eine Brustwehr mit Zinnen hat, und auf der sich
eine kleine, gewölbte, zum besondern Gebrauch des Kaisers
bestimmte Kapelle erhebt, wogegen die Eckthürme
oben durch Mauerwerk zugerundet sind. Die Plattform
wird von einer Art Wartthurm überragt, welcher viereckig
ist, mehrere Stockwerke hat, und auf einer auswendig angebrachten
und jetzt zerstörten Holzstiege erstiegen ward;
dieser Thurm war offenbar dazu bestimmt, im Falle der
Noth ein letzter Zufluchts- und Vertheidigungsort zu seyn.
Von der Dachterasse des Schlosses hat man eine sehr grossartige
Aussicht. Die ganze Stadt mit ihren buschigen Wan-
zey-Bäumen bildet den sehr belebten Vordergrund, den
die im Thale sich schlängelnden beiden Flüsschen begrenzen,
und östlich und westlich von den Höhen trennen, an
deren Fuss mehrere Baumgruppen die Lage einiger Kirchen
bezeichnen; nach Süden zu übersieht man die weite
fruchtbare Ebene, an deren äusserstem Rande der Silberspiegel
des Dembea-Sees sich ausbreitet; im Norden endlich
erhebt sich in allmähligem Anstieg der Berg Debra
Tzahei, dessen Abhang damals (October) ein schöfies Wiesengrün
bedeckte.
Auf der Nord- und Ost-Seite des Schlosses stehen einige
schöne gewölbte Saalgalerien (k), die, wie es scheint, einslens
mit jenem durch hölzerne Brücken in unmittelbare
Verbindung gebracht waren; ihre Dachbedeckung ist flach,
und gleichfalls von einer mit Zinnen versehenen Brustwehr
umgeben. Weiter nach West und Nordwest zu bebefinden
sich in einiger Entfernung weitläufige Trümmer
anderer Säle und Galerien, welche sämmtlich von Stein
erbaut und mit gewölbten Decken versehen waren. Dicht
an der Nordseite des Hauptgebäudes steht ein in neuerer
Zeit aufgeführtes zweistöckiges und rundes Wohnhaus (i),
welches in seinem Innern ganz so, wie die meisten Privatgebäulichkeiten
der Stadt eingetheilt ist. Dieses Haus ist
jetzt die Residenz der kaiserlichen Majestät von Abyssinien!
Man liess uns eine gute halbe Stunde im Hofe warten,
ehe wir zur Audienz zugelassen wurden: ob der Etiquette
wegen, oder um das Zimmer zuerst zu reinigen und in
Ordnung zu bringen, weiss ich nicht. Als man uns endlich
anzeigte, dass wir Vorkommen könnten, liessen wir insge-
sammt am Anfang der Stiege unsere Schuhe stehen, und
wurden sodann in ein, der hiesigen gewöhnlichen Bauart
nach zu urtheilen, ziemlich schönes viereckiges Zimmer
geführt, dessen Decke in einer halbsphärischen Wölbung
mit Schnitzwerk bestand. Im Hintergründe desselben, der
Thür gegenüber, sass der Kaiser, auf einem mit einem einfachen
Stück Kattun bedeckten Ruhebette, in einem Alkoven,
vor welchem ein aus einem etwas schmutzigen Stück
Baumwollenzeug bestehender und in halber Höhe auf die
eine Seite gebundener Vorhang angebracht war. Das Zimmer
hatte nur eine einzige kleine Fensteröffnung, welche
noch obendrein, wegen des weit vorspringenden Strohdaches,
nur wenig Licht hereindringen liess. Mit Ausnahme
einiger alten Fussteppiche waren im ganzen Zimmer keine
Mobilien. In einem der Wandschränke lagen zwei Quartanten,
von denen der eine die Psalmen Davids, der andere
die vier Evangelisten enthielt. Der Kaiser war bis
an die Augen herauf in ein einfaches weisses Tuch eingehüllt,
so dass also der untere Theil seines Gesichts und