
übrigens nur der chronologischen Reihenfolge wegen von
Interesse *).
Ich habe eben bemerkt, dass die Frauen von Gondar
durch das Schliessen der Kirchen vorzugsweise in Bewegung
gesetzt wurden. Diess ist eine natürliche Folge des
grossen Einflusses, w'elchen sich die hiesigen Geistlichen
auf diesen Theil der Bewohner zu verschaffen vi'ussten, und
der sich selbst in einer Art von Ehrfurcht äussert, so wenig
auch der sittliche Wandel der meisten Geistlichen damit
übereinstimmt. Wenn in Gondar eine Frau einem Priester
ihrer Bekanntschaft auf der Strasse begegnet, so küsst sie
demselben ehrfurchtsvoll die innere Seite der Hand; Männer
thun diess wohl auch, aber doch nicht in der Regel.
Zwei sich begegnende Priester küssen zur Begrüssung einander
gleichzeitig die rechte Schulter. Männer des weltlichen
Standes entblössen zum Zeichen der Begxüssung die
rechte Seite der Brust und die Schulter, so dass der ganze
rechte Arm frei wird. Will aber einer sich recht ehrerbietig
bezeugen, so nimmt er das ganze obere Umhängtuch
ab und wickelt sich dasselbe um die Hüften.
Es ist wohl hier der passendste Ort, um Einiges über
die Trachten der Bewohner von Gondar zu sagen, welche
ich auf einigen Tafeln des Atlasses bildlich dargestellt habe.
Die wirklichen Priester und alle diejenigen, welche sich
zu der gebildeten Classe zählen, tragen längs der Ränder
des Kinns einen kurzen Bart, rasiren sich das Haupt und
umwinden es turbanartig mit einem weissen Tuche. Zur
Bekleidung des Oberkörpers tragen sie eine weisse Weste
*) Merkwürdig ist es, dass Herr Tamisier in seinen sogenannten
historischen Notizen des Kaisers Sagln Denghel mit keinem einzigen
Wörtchen Erwähnung thut, und die Reihenfolge der Kaiser mit dem
Tode Gebra Christos im Jahr 1832 schliesst. (Vol. 3. pag. 159.)
mit weiten Aermeln, welche oben am Halse umgeschlagen
ist, und von da in zwei über die Brust herabhängende
schmale Spitzen ausläuft. Ausserdem haben sie weisse w^ite
Beinkleider, die bis in die halbe Wade reichen, und durch
eine zwölf Ellen lange schmale Leibbinde von gleicher
Farbe gehalten werden. Ueber diesen Anzug werfen sie ein
weisses baumwollenes Umhängtuch mit farbigem Saumstreifen,
in welches sie sich gleich wie die Römer in ihre Togen
einhüllen. Ferner tragen sie gewöhnlich grosse Schuhe, welche
vorn in einen langen zugespitzten und nach oben zu gekrümmten
Schnabel ausgehen, und deren Sohlen auf den
Seiten und hinten sehr hervorspringen. Beides vermuthlich
desswegen, um theils das tiefe Einsinken in den Schmutz zu
verhindern, theils in einem solchen Falle den Schuh vermittelst
der emporragenden Spitze wieder herausziehen zu können
*). Viele Priester tragen in der einen Hand ein kleines
metallenes Crucifix, das die sie begegnenden frommen Personen
zu küssen pflegen, sowie einen aus Haaren verfertigten
Fliegenwedel, welcher mit verschiedenen Farben
zonenartig bemalt, und an einem knöchernen oder elfenbeinernen
Stiel befestigt ist. Um den Hals haben sie ferner
ausser der blauen Litzkordel, ohne welche man nie einen
abyssinischen Christen sieht, meistens eine lange Schnur
farbiger Holzperlen, die in Jerusalem gemacht und von
den heimkehrenden Pilgern als etwas sehr Werthvolles
verschenkt werden. Geistliche von gewissen Kirchen pflegen
ockergelb gefärbte baumwollene Kleider zu tragen,
und zwar, wenn ich recht berichtet wurde, sind es diejenigen,
welche in der Provinz Waldubba ein Einsiedlerleben
führen, und von da nur gelegentlich, um ihren Unterhalt
*) Siehe Taf. 3. Fig. 5.