
Negersklaven längere Zeit verweilt haben, von welchen
also die Krankheit in Abyssinien eingeschleppt wird. Dass
bei dieser Veranlassung die Uebertragung des Uebels auf
andere Personen vermittelst des Eindringens des Keims von
aussen her geschieht, wie ich bereits in meiner Reise nach
Kordofan (S.168) behauptete, dafür erhielt ich in Abyssinien
einen neuen Beweis durch die Erkrankung meines europäischen
Jägers Martin Bretzka. Dieser verweilte, als ich ihn
vonMassaua aus nach Alexandrien geschickt hatte, auf seinem
Rückwege längere Zeit zu Adowa *) in einem Hause,
in welchem vor ihm Sklavenhändler mit vielen Negern gewohnt
hatten; ob einer derselben, oder ein früher hier verweilender
Sklave mit der Wadenwurm-Krankheit behaftet
war, weiss ich freilich nicht; aber Bretzka klagte, als er
zu mir nach Gondar zurückgekommen war, sogleich über
Schmerzen in der Fleischmasse des einen Fusses, veranlasst
durch eine vollkommene Filaria, deren Daseyn ihn
mehrere Monate krank darnieder warf. Die abyssinischen
Sklavenhändler wenden gegen diese furchtbare Plage mit
glücklichem Erfolg die Einreibungen von Zibetmoschus an.
Ich fand ferner in Gondar ziemlich viele Menschen an
anhaltendem Husten (Saal) und in Folge davon an der
Schwindsucht (Gata) leidend. Ausserdem ist Unregelmässigkeit
der Menstruation mit heftigen Uterinkrämpfen
(Chotemam) eine Klage sehr vieler Frauen, selbst in noch
früher Xebensperiode. Die Hauptursache davon mögen
wohl die wegen des Kleidermangels und des Waschens
mit kaltem Wasser so leicht zugezogenen Erkältungen
seyn. Augenentzündungen (Ain hamam) sind ganz besonders
häufig bei den Bewohnern der Umgegend des Zana-
*) Siehe vorstehend Seite 168.
Sees, und vielerlei bösartige Augenübel entstehen aus der
Vernachlässigung dieser Entzündungen. Auch fand ich
öfters in Gondar eine plötzlich und ohne irgend eine sichtbare
Veranlassung eintretende vollkommene Lähmung des
Sehnervens; es erfolgt darauf eine unheilbare Blindheit, mit
anscheinend ganz gesundem Auge. Diese Krankheit führt
den Namen Ain jafassasa. Taubheit (Dongoro) und Geistes-
Verrücktheit (Oebt) kommen häufig vor. Die Blattern
(Guffin) richten periodisch grosse Verwüstungen an; man
weiss hier noch nichts von dem Einimpfen der Schutzpocken,
deren Einführung eine rühmliche Aufgabe für die
Missionaire seyn würde. Fieber (Nedat) sind wenigstens in
der Jahreszeit, in welcher ich in Gondar war (October —
Mai), ungemein selten, und von Dysenterie bemerkte ich
auch nicht einen einzigen Fall. Gasanhäufung im Darmkanal,
die man hier, wie in manchen ändern Gegenden
Afrika’s, der Anwesenheit von Schlangen im Körper zuschreibt,
ist eine Plage, welche unfehlbar durch den häufigen
und übermässigen Genuss des Hydromel veranlasst
wird. Von dem bei den Abyssiniern so häufig vorkommenden
Band w'urme habe ich bereits (S. 54) gesprochen.
Die meisten bemittelten Familien von Gondar besitzen
mehrere Sklaven und Sklavinnen, welche zum Hausdienste
verwendet werden. Die Letzteren sind meistens Schangalla-
Negerinnen; die Ersteren aber stammen gewöhnlich von
den Galla-ähnlichen Völkerschaften der südlich vom N ilstrom
gelegenen Landstriche her. Die durch den Krieg
ihrer Freiheit beraubten Abyssinier werden insgesammt
ausser Land verkauft. In der Regel kaufen die christlichen
Bewohner keine Sklaven auf Speculation ; aber dass
nichts desto weniger ein solcher Handel mitunter von ihnen
getrieben wird, beweisen nachfolgende Thatsachen. Wäh-
13