
vorzubereiten, diese längere Abwesenheit seiner Gegner
fiir einen Einfall in Begemder zu benutzen. In Tigré
hatte ungefähr vier Monate zuvor Djeaz übi mit Schum
Michael, dem ältesten Sohne des Sabagadis, einen Vergleich
geschlossen, kraft dessen er Letzterem die Verwaltung
von Adowa und allen westlich davon gelegenen
Districten gegen einen jährlichen Tribut von zwölf tausend
Speciesthaler, d. i. die Hälfte der gewöhnlichen Einkünfte,
iiberliess. In Folge desselben Vertrags war auch Serrafel,
der ehemalige Statthalter der Provinz Shiré, in Freiheit
gesetzt worden. Dieser Urenkel des Ras Michael *), welcher
mehrere Jahre lang von Sabagadis in Fesseln gehalten
worden war, lehnte sich unmittelbar nach seiner Rückkehr
nach Shiré gegen Ubi auf, verjagte aus Dankbarkeit
für seine Befreiung dessen Truppen und verband sich mit
dem Nebrit von Axum und mit Solengeda, dem Befehlshaber
der Provinz Temben. Ferner hatte Ubi, in Begleitung
von Schum Michael, einen Zug nach Hamasen, nördlich
von Adowa, gemacht, um mit gewaffneter Hand die
rückständigen Abgaben einzutreiben. Bei seiner Rückkehr
entdeckte er eine von den verschiedenen ihm untergeordneten
Häuptlingen gemachte Verschwörung; SchumMichael,
einer der Verschwornen, entkam glücklich in seine Stammprovinz
Agamé; einige andere aber wurden verhaftet und
in Fesseln nach Simen geschickt. Natürlicher w eise brachte
diese Sache das ganze Land in Aufregung. Die directe
Verbindung zwischen Gondar und Adowa war unterbrochen;
selbst die kleinen Züge von Salzhändlern blieben aus, und
*) Irrig ist, Band I. Seite 274, Serrafel als ein Enkel von Ras Michael
angegeben; siehe desshalb die am Ende dieses Theils abgedruckten
Stammtafeln.
auf dem Markt von Gondar fiel in Folge davon das Ver-
hältniss des Thalers zum Salz von acht und zwanzig auf
zwei und zwanzig Stück.
Unter diesen höchst kritischen Umständen hielt ich es
für das Beste, alle meine naturhistorischen Sammlungen und
werthvollen Manuscripte nach Massaua in Sicherheit zu
bringen; und da diess jedenfalls vor der Regenzeit geschehen
musste, so durfte ich mit den dazu nöthigen Vorkehrungen
nicht lange säumen. Ich schickte daher vor allem
einen meiner Diener mit einem Briefe an Djeaz Ubi nach
Adowa ab, in welchem ich denselben um seinen speciellen
Schutz bat und zugleich ersuchte, mir anzugeben, auf
welchem Wege ich sicher zu ihm gelangen könne. Zugleich
sollte dieser Diener eine gewisse Anzahl Tigréer
Lastträger für mich anwerben und mitbringen, und an einigen
Orten, welche ich auf meinem Wege zweifelsohne pas-
siren musste, wie z. B. zu Dobark, ein gewisses Quantum
Gerste für die Maulthiere und Mehl für meine zahlreiche
Karavane ankaufen, damit ich nicht etwa durch den Mangel
dieser Bedürfnisse, die nicht einmal in ruhigen Zeiten
auf allen Wochenmärkten stets vorräthig sind, unterwegs
aufgehalten würde. Endlich schickte ich meine Jäger nochmals
in die Niederungen der Kulla, um daselbst einige mir
noch fehlende grosse Säugethiere, über deren dortiges Vorkommen
ich sichere Kunde hatte, zu erlegen.
Schon glaubte ich meinen Boten glücklich in Adowa
angelangt, als derselbe statt dessen plötzlich wieder, und
zwar in kläglichstem Zustande, in Gondar ankam. E r war
in der Gegend des Takazzé überfallen und ausgeplündert
worden, und da er zu gleicher Zeit erfahren hatte, dass
Ubi nicht mehr in Tigré sey, so war er, seine Reise nach
Adowa für zwecklos haltend, umgekehrt. Djeaz Ubi näm