
diese und ähnliche Religionsgebräuche abzubrechen, zu
welchen ich iiberdiess selbst natürlich nie die Unterhaltung
hinlenkte. Ich glaube wohl, dass Bruce und Salt ganz die
gleiche Richtschnur befolgten; daher hatten auch sie gleich
mir, nicht mit jenen Schwierigkeiten zu kämpfen, welche
den meisten Missionairen in Abyssinien so verderblich
wurden *). ,
Das Ueberreichen von Geschenken an einflussreiche
Personen, um deren Wohlwollen zu erlangen, ist in Gon-
dar, wie in allen ändern Gegenden des Orients, Gebrauch.
Von der zweckgemässen Erfüllung dieser herkömmlichen
Obliegenheit hängt oft der günstige Fortgang einer Reiseunternehmung
allein ab; und schon der vielerfahrene afrikanische
Wanderer Burckhardt erklärt es für eine der schwierigsten
Aufgaben, bei orientalischen Reiseunternehmungen
passende Geschenke auszuwählen, und zu wissen, an wen
sie zu übergeben sind; denn durch unrichtig angewandte
Freigebigkeit ist man in Gefahr, die Habg'ier Anderer zu
reizen, und durch eine unzweckmässige Vertheilung erregt
man Neid und Eifersucht, und macht sich durch ein Geschenk,
statt einen Freund zu gewinnen, gar leicht umgekehrt einen
Feind. Ich berieth mich desshalb mit Getana Mariam
über diese Angelegenheit, und beschloss sodann, meine
Geschenke in nachstehend bemerkter Weise auszutheilen:
An A ito S ag lu D e n g h e l, den jetzt den abyssinischen
Thron in Gondar inne habenden Kaiser, ein Stück
feinen englischen Mousselin, nebst einem in Jeru-
*) Seitdem ich dieses geschrieben habe, ist im Jahr 1837 die von
Herrn Gobat gegründete evangelische Mission ans Abyssinien vertrieben
worden. Dagegen machen die Jesuiten unter dem Schutze Frankreichs
gegenwärtig einen neuen Versuch, in Abyssinien Einfluss zu erhalten.
salem verfertigten Rosenkranz von ganz grossen
Perlmutterperlen.
An Etscheghe G eb ra S e la ssö , das jetzige Haupt der
abyssinischen Priester, eben dasselbe Geschenk, welches
der Kaiser erhalten hatte.
An L ik A tk um , den vorstehend erwähnten kaiserlichen
Richter Und zugleich grossen Verehrer der Europäer,
ein Stück feines blaues Tuch zu einem Mantel, nebst
mehreren fein geschliffenen Glaswaaren.
An die beiden Mahommetaner, welche die Zölle von
Gondar gepachtet hatten, N a g a d e R as Z a d ig und
M eh em et, an jeden ein Stück ordinäres Scharlachtuch
und einen weissen indischen Kopfshawl.
An O e le d a T a c k e lit, die Tochter des verstorbenen
Djeaz Maru und Mutter des Djeaz Confu, welcher
dermalen den ganzen District zwischen Gondar,
Matsha und dem Zana-See befehliget, ein Stück
vom allerfeinsten Scharlachtuch, für einen grossen
Mantel hinreichend.
Getana Mariam erhielt ausser dem ihm bereits in Simen
für die mir bei der Reise von Massaua geleistete Beihülfe
gemachten Geschenk (siehe Th. 1. p. 430) ein drittes
Stück vom allerfeinsten Scharlachtuch, mehrere Glaswaaren
und etwas wohlriechendes Wasser für seine Frau,
und ausserdem erliess ich ihm noch dreissig Thaler , die
er abziehen sollte, bei der einstigen Wiedererstattung der
ihm in Massaua anvertrauten sechshundert Speciesthaler.
Für Ras Ali und Djeaz Confu hatte ich für jeden ein
Stück vom feinsten Scharlachtuche und etwas Glaswaare
bei Seite gelegt, da beide dermalen, wegen des Feldzuges
gegen Ali Faris, dem Häuptling der Provinz Lastra, von
Gondar abwesend waren.