
nenden Wiesenplatz zu lagern, von welchem keiner meiner
Begleiter die geringste Kenritniss hatte, und der in
einer Mai Deber genannten Gegend liegt. Massige An-'
höhen begrenzen daselbst einen schönen Wiesengrund, auf
welchem zahlreiche Rinderherden weideten, die mehreren
auf den Hügeln versteckt liegenden Dorfschaften. zugehörten.
Da meine Lastthiere seit dem Abmarsch' von Do-
bark sich keines einzigen erträglichen Weideplatzes zu
erfreuen gehabt hatten, so blieben wir auch den ganzen
folgenden Tag (28. Mai) hier. Auch in Betreff unserer
Reise-Route beschloss ich dem Rathe der mahommetani-
schen Kaufleute zu folgen. Sie riethen mir nämlich, nicht
den von Getana Mariam vorgeschlagenen Weg durch die
Provinz Zana einzüschlagen, weil die von demselben durchzogene
Gegend gerade jetzt durch die siegreichen Truppen
Oeled Michael’s, desDjeaz von Agamö, gebrandschatzt
würde, sondern statt dessen lieber auf der gewöhnlichen
Handelsstrasse durch Shird zu reisen. Um mich gegen willkürliche
Zollerpressungen auf diesem Wege einigermassen
zu schützen, sandte ich von unserm Lagerplatz aus einen
meiner abyssinischen Diener an Serrafel, den damaligen
Befehlshaber der Provinz Shire, ab, und liess ihm meine
bevorstehende Reise durch sein Gebiet mit dem Ersuchen
anzeigen, mir zwei seiner Leute zu schicken, von welchen
der eine das ihm von mir bestimmte Geschenk einer Flinte
in Empfang nehmen solle, der andere aber mir zur Begleitung
durch sein Gebiet beigegeben würde, damit ich,
der ja kein Handelsmann wäre, ohne willkührliche Besteuerung
meine Reise ungehindert fortsetzen könne.
In Mai Deber waren mir meine in Egypten gefertigten
blau-seidenen Litzkordeln abermals von grossem Nutzen;
ich versprach nämlich meinen sämmtlichen abyssinischen
Dienern, einem jeden von ihnen zwei derselben zu geben,
wenn sie dagegen ihre Lebensmittel für vier Tage sich
selbst verschaffen wollten. Diese Leute gingen mit Freuden
darauf ein, liefen an dem Rasttage in den benachbarten
Ortschaften umher, und wussten das Nöthige äusserst billig
zu erhalten, wodurch dann meine eigenen, in den jetzigen
Verhältnissen so viel werthen Vorräthe einige Tage hindurch
ungeschmälert blieben. Am 29. erreichten wir nach
drei viertel Stunden Marsch in ost-nordöstlicher Richtung den
Fluss Modagia, der hier von Süden nach Norden fliesst. Man
sagte mir, dass der District von hier an bis zum Takazzé mit
dem Namen Mamé bezeichnet werde, und dass die mehr östlich,
dem linkenUfer des Takazzé entlang liegende Gegend
Wasegia heisse. Ich habe schon gemeldet, dass die ganze
Landschaft am Nordabhange der Simener Hochgebirge aus
vulkanischen Hügeln besteht; das Ost-Ufer des Modagia-
Flusses dagegen wird durch eine horizontale Terrasse von
Sandsteinfelsen begrenzt, auf welcher eine beinahe wag-
rechte Fläche von fruchtbarer Erde aufliegt, die hier und
da für den Ackerbau bestellt ist. Mehrere Dörfer lagen
in dieser Ebene zerstreut. Bei einem derselben, H a ita
mit Namen, welches von dem grösseren Theil seiner Bewohner
verlassen war, rasteten wir ein Paar Stunden. Wir
verfolgten nun eine direct nördliche Richtung, und stiegen,
nachdem wir beiläufig vier und eine viertel Stunde, vom
Flüsschen Modagia an gerechnet, marschirt waren, in Krümmungen
ziemlich steil an zweitausend © Fuss über Urthon-
und Talkschiefer-Schichten zu dem Takazzé hinab. Die
Ufer dieses Flusses und die Seiten des engen Felsenthals,
in welchem derselbe fliesst, sind mit Bäumen und Gesträuchen
bedeckt, die aber jetzt blätterlos und abgetrocknet
waren; auch die ganze Grasvegetation der Gegend sah in