
Ortsvorstand, uns einen alten, in der ganzen Gegend wohl-
bekannten Mann bis Gondar mitzugeben, welcher dafür
einen Speciesthaler erhielt, und uns entweder, wenn diess
nöthig seyn sollte, auf Nebenwegen führen, oder im äusser-
sten Falle auch als Mittelsmann mit unsern Gegnern dienen
konnte.
Unsere nächtliche Heise i welche mich übrigens hinderte,
über einen Theil des Wegs Notizen zu machen, begann
um drei Uhr Morgens (J2. October) , weil erst um
diese Zeit unsere Ladungen in der Reihe wraren, und ward
unter tiefem Stillschweigen vollbracht. Der Boden, über den
wir kamen , schien sumpfig und mit ziemlich vielem Gesträuch
bewachsen zp seyn. Nach einem Marsch von zwei
Stunden in südwestlicher Richtung erblickten wir beim
Grauen des Tags am äussersten südlichen Horizont den glänzenden
Spiegel des grossen Dembea- oder Zana-Sees, und
vor ihm die wagerechte Fläche, welche im Lauf der Jahrtausende
durch Anschwemmung ihm abgewonnen worden war.
Ob die nebeligen Streifen, welche man jenseits des Sees,
Bergzügen ähnlich, erblickte, wirklich das Hochland der
Provinz G udjam , oder bloss auf dem Zanaruhende Dunstmassen
waren, darüber konnte mir Niemand Gewissheit
geben. Das Plateau, auf dem wir uns noch befanden, liegt
allerdings bedeutend höher als jene südlichen Gegenden am
Zana-See; allein diese waren in directer Linie wenigstens
noch einen ganzen Breitegrad von uns entfernt. Nach meinen
später gemachten barometrischen Messungen ist- das
Niveau des Zana 5800 Fuss höher als der Meeresspiegel,
das Woggera-Plateau aber, von welchem aus wir jetzt den
See erblickten, etwa 8000 Fuss über dem Meere erhaben.
Zwei Stunden nach unserem Aufbruch von Sankafekan pas-
sirten wir das Flüsschen A n d it, w;elches nach Südosten
und zwar immer noch zum Takazze fliesst; eine halbe
Stunde weiter befanden wir uns auf der Wasserscheide
zwischen diesem Strome- und dem Zana-See. Bald entfaltete
sich vor uns eine. Verzweigung tief ausgewühlter
Thäler, deren Wände mitunter ziemlich beholzt waren;
wir stiegen in denselben zwei Stunden lang fortwährend
abwärts, bis wir das Ufer des Flüsschens M ag elb erreichten,
über welches eine aus drei Bogen bestehende
steinerne Brücke gesprengt ist, und das nach Süd und
Südwest zu fliessend, nur während der Regenzeit eine
vorübergehende, dann aber auch oft reissende Strömung
hat *). Von einet kleinen Anhöhe,, welche das westliche
Ufer des. Flüsschens bildet, erblickten wir in änderthalb-
stündiger Entfernung nach Süden zu die. Kaiserburg von
Gondar, und die vielen Baumgruppen, welche die vorzüglichsten
Kirchen dieser Stadt umgeben, die, zusammen
auf einer vulkanischen Höhe gelegen, majestätisch die
benachbarten fruchtbaren Ebenen dominiren. H ier trafen
wir eine-Partie bewaffneter Leute, welche Freunde von
Getana Mariam waren, und uns bis Sankafekan entgegen
zu kommen beabsichtigt hatten, um uns gegen den Angriff
Aito Jasu’s zu vertheidigen, den man für uns in
Gondar befürchtet hatte.
Nachdem wir etwa fünfviertel Stunden immer abwärts
gegangen waren, gelangten wir an das Flüsschen A nge-
ra b , welches längs der Ostseite des Hügels hinläuft, auf
dem Gondar erbaut ist. An seinem Ufer liess ich meine
Maulthierfe und Lastträger Halt machen, ich selbst aber
*) Bruce, Vol. 3, pag. 220, führt den Magelb unter dem Namen
T chagassa auf; Tamisier, Vol. 4. pag. 34, benennt ihn Magach,
welches aber der Name eines ändern Flusses ist, in den sich jener ergiesst.