
Noch muss ich eines Vorfalls erwähnen, der in den
letzten Tagen meines Aufenthalts zu Gondar mich persönlich
mit einer fast gleichen Gefahr bedrohte, wie damals,
als zu Massaua ein betrunkener türkischer Soldat mich an-
griff. Ich hatte an einem Markttage einen meiner abyssi-
nischerf Bedienten ausgeschickt, um gutes, trockenes Futter
zu kaufen, durch welches meine Maulthiere sich für die
Strapatzen der bevorstehenden Reise gehörig stärken könnten.
Mein Diener ging zu diesem Behüte eine ziemliche
Strecke weit den zu Markt kommenden Landleuten entgegen,
und machte so vor der Stadt seinen Einkauf; als
er aber zurückkehrte, begegnete ihm ein Schwarm herrenloser
Soldaten, welche ihm nicht allein das erkaufte Gras
nahmen, sondern auch bei seiner Gegenwehr ihn selbst mit
einem Säbelhieb am Kopfe verwundeten, seine Kleider
und Waffen raubten, und ihn dann stark blutend auf dem
Boden liegen Hessen. Mit Klaggeheul eilten hierauf ein
Tross Weiber vom Markt nach meiner Wohnung, um mir
den Vorfall zu berichten, und mich zur Rettung meines'
Dieners aufzufordern. Ich begab mich sogleich in Begleitung
meiner beiden Neger wohlbewaffiiet auf den Marktplatz,
wo man mir eine Gruppe von dreissig Soldaten als
die Räuber bezeichnete. Sie waren gerade damit beschäftigt,
ihren Raub unter sich zu vertheilen. Ich ging ohne
Weiteres mit angelegtem Gewehre auf sie los, indem ich
laut rief, dass ich sie alle zusaminenschiessen würde, wenn
sie nicht augenblicklich das geraubte Gut zurückgäben.
Sogleich liefen sie alle davon, und als ich sie raschen
Schrittes und immer zu schiessen drohend verfolgte, ergriff
ein panischer Schrecken die der Zahl nach wenigstens zwbi
tausend betragende Menschenmasse, welche den Marktplatz
anfullte. In wenigen Augenblicken war Niemand mehr zu
sehen, mit Ausnahme des unterdessen sich fortwährend ver-
grössernden Trupps Soldaten, die ich mit meinen zwei Negern
vor mir hertrieb. Auf das Gerücht von diesem scheinbar
ungleichen Kampfe, welches sich schnell in der Stadt
verbreitete, eilten Lik Atkum, Getana Mariam und meine
übrigen Freunde und Bekannten herbei, um mich aus der
vermeintlichen Gefahr zu befreien. Ich liess mich von der
Verfolgung der Soldaten nicht abhalten, sondern erklärte
mit Bestimmtheit, dass ich nicht eher davon abstehen werde,
als bis ich alles Geraubte zurückerhalte; denn wenn ich
mir einen solchen Frevel ruhig gefallen lasse, so würde
die sich steigernde Unverschämtheit jener Soldateska sich
bald noch grössere Frechheiten gegen mich erlauben. Kurz,
man musste mir, um den gestörten Markt wieder in Gang
zu bringen, das Geraubte insgesammt wieder erstatten,
wozu der gleichfalls herbeigekommene Waliaoder Polizeivorsteher
jene feigen Soldaten hauptsächlich dadurch bestimmte,
dass er ihnen vorstellte, ich sey fest entschlossen,
es zu einem ernsten Kampfe kommen zu lassen, in welchem
dann wegen meiner guten Feuerwaffen sicherlich mehr als
einer von ihnen das Leben verlieren würde.
Meine europäischen Jäger kamen am 2. Mai aus der
Kulla zurück, ohne auch nur ein einziges der grossen
Säugethiere erlegt zu haben, wegen deren ich sie abgeschickt
hatte. Einer von ihnen, Martin Bretzka, der erst
vor einigen Monaten von Cairo aus zu mir gekommen war,
hatte das Unglück gehabt, an beiden Füssen von dem
Guinea-Wurme. (Filaria) befallen zu werden, was ihm bei
jeder Bewegung der Beine so heftige Schmerzen verursachte,
dass er unmöglich die beabsichtigte Reise nach
Adowa mit unternehmen konnte. Unterdessen hatten die
Vorläufer der Regenzeit sich bereits eingestellt: wir hatten