
Werth zu haben, und kann nur als ein Probestück des ehemaligen
Zustandes der abyssinischen Gelehrsamkeit dienen,
üebrigens bemerke ich bei dieser Gelegenheit, dass in
Abyssinien diejenigen, welche sich mit Heilkunde abgeben,
den Namen Tabib, d. i. Arzt führen. Ich bemerke diess
geflissentlich, weil ich mich erinnere, in einem Werke über
Abyssinien gelesen zu haben, dass man daselbst die mit
ärztlichen Kenntnissen ausgerüsteten Leute Jakube benenne:
ein Irrthum, welcher zweifelsohne durch ein Miss-
verständniss des Namens entstanden ist, den der als Arzt
m Abyssinien wohl bekannte Bruce führte; man benannte
ihn nämlich daselbst gewöhnlich nur mit seinem Taufnamen
James oder Jakob. In einer ändern Kirche von Kiratza
werden als etwas Merkwürdiges einige defecte Bände einer
Pariser Ausgabe der Naturgeschichte Buffon’s aufbewahrt,
welche vermuthlich von einem europäischen Reisenden herrühren,
der in irgend einem Theile Abyssiniens umgekommen
ist. Hätte der ehemalige Besitzer seinen Namen auf
das Titelblatt eingeschrieben, so w'ürde man jetzt durch
diese Bücher eine Nachweisung über ihn erhalten haben.
Da überhaupt in mehreren Gegenden von Afrika bei ganz
ungebildeten Völkerschaften gedruckte Bücher, in deren
Besitz sie zufällig gekommen sind, mit einer Art von religiösem
Aberglauben aufbewahrt werden, so könnte durch
ein solches Einschreiben des Namens über manchen ver-
unglückenden Reisenden später eine Nachweisung erlangt
werden *).
DerZana-See enthält ziemlich viele Inseln, von welchen
*) Hat ja doch z. B. Salt durch das Auffinden eines Neuen Testaments
in arabischer Sprache, welches den böhmischen Missionären Re- 1
medius und Martin angehört hatte, allen Zweifel über die Reisen derselben
beseitigt!
die meisten bewohnt werden *). Die grösste derselben heisst
Deck, und liegt unfern des westlichen Seeufers, nordwestlich
von Kiratza, kann aber, da sie flach ist, von diesem
Orte aus nicht gesehen werden. Nahe östlich von ihr erhebt
sich in der Gestalt eines ziemlich hohen Kegelbergs
die Insel Daka, welche von jedem Uferpunct des Sees aus
sichtbar ist. Die Verbindung mit diesen Inseln wird durch
eigenthümliche Fahrzeuge unterhalten, welche aus den zusammen
gebundenen Stängeln einer kolossalen binsenähnlichen
Pflanze bestehen. Diese Stängel sind fünfzehn bis
achtzehn Fuss lang, und haben an ihrer Basis ein und ein
halb Zoll Durchmesser; ihre ganze innere Masse bestehet
aus einem sehr schwammigen Zellgewebe; man bindet eine
Partie derselben so zusammen, dass sie einen fünfzehn
Fuss langen und in der Mitte ein und ein halb Fuss breiten
Kahn bilden, welcher hinten abgestutzt ist, vorn in
eine aufwärts gekrümmte Spitze ausläuft, und nach beendeter
Fahrt von dem Schiffer jedesmal auf dem Rücken in
die Hütte getragen wird. Ein solches gebrechliches Boot,
das man Tang benennt, trägt drei Menschen und einiges
Gepäck; Segel werden bei denselben nicht angewendet;
man bewegt es bloss durch eine Ruderstange, welche an
beiden Enden flach ist, und, von einem Mann in der Mitte
angefasst, abwechselnd und in Form eines Achters zu beiden
Seiten des Fahrzeuges in das Wasser geschlagen wird.
Ist es windstill, so durchschneidet der Kahn mit grösser
Schnelle die Fluthen; erhebt sich aber während der Fahrt
ein heftiger Wind, und kann man das Ufer nicht zeitig
*) Auf meiner Karte habe ich die Namen von achtzehn derselben
eingetragen, die ich auf meiner Excursion nach Kiratza entweder selbst
gesehen habe, oder deren Lage mir durch die Eingebornen angegeben
wurde.