
des Verstorbenen trügt das Sübelmesser und den Schild
desselben auf den Schultern ihr nach. Wenn ich recht
berichtet wurde, so trägt man immer dafür Sorge,, dass
der Kopf des Todten im Grabe nach Norden zu lient,
das Gesicht aber nach Osten gewendet ist*). Nach der
Grablegung versammelt sich der ganze Haufe, welcher
den 'Leichenzug begleitete, in dem Hause des Verstorbenen,
und stimmt das übliche Klaggelieul an. Unterdessen
bringen die Diener der Hausfreunde eine grosse Quantität
Brod und Getränk, die von Reichen sogar verschiedenes
Vieh, und alles diess wird sodann, unter thätiger
Mitwirkung der Priester, angeblich zum Seelenheil des Verstorbenen,
verzehrt. Für die Bemühungen bei einer Beerdigung
wird den Priestern nichts bezahlt; aber für die
später von ihnen, zum Besten der Seele des Verstorbenen
zu haltenden Gebete, machen sie oft grosse willkührliche
Forderungen, die für unbemittelte Leute wahre Erpressungen
sind, weil die Priester dabei alle Mittel des Aberglaubens
anzuwenden wissen, um ihre Habgier zu befriedigen.
— In einigen reichen Familien wird der Sterbetag
eines besonders geehrten Anverwandten alle Jahre durch
ein zu seinem Angedenken veranstaltetes Trinkgelage gefeiert,
welche Festivität man Toskar nennt. Die Haus-.
*) Dnrch einen sehr lächerlichen Irrthum, oder vielmehr aus Mangel
an Kenntniss der englischen Sprache, findet man in der Revue
britannique, nouvelle série, Paris 1831, Vol. 7. pag. 84, 94 und 96, bei
^ eranlassung eines Auszugs aus der Biographie von Pearce, angezeigt,
dass die Abyssinier ihre Todten verbrennen; ein grösser Irrthum,
welcher offenbar durch die Verwechslung des Wortes burry und
burn entstanden ist! Ich hebe dieses geflissentlich heraus, weil gar zu
leicht durch Compilatoren, die zu faul sind, die Originalquellen selbst
zu benutzen, solche Irrungen bis ins Unendliche wiederholt werden.
freunde, die Nachbarn und die mit der Familie bekannten
Priester nehmen daran Antheil. Um tiefe Trauer wegen
des Todes eines Blutsverwandten auszudrücken, pflegt man
das Haupthaar abzuscheeren, den Kopf mit Asche zu bestreuen,
das weisse Umhängtuch der gewöhnlichen Bekleidung
schwarzgrau zu färben, und sich mit den Nägeln
die Haut an den Schläfen zu zerreissen, und zwar selbst
so lange, bis Blut fliesst, wodurch das Gesicht ein höchst
ekelhaftes Aussehen erhält. Alles diess ist nichts als blosse
Ceremonie und vielleicht niemals das Ergebniss einer tiefgefühlten
herzlichen Betrübniss, denn grenzenloser Leichtsinn
ist ein Hauptcharakterzug der Abyssinier.
In Betreff der climatischen und atmosphärischen Verhältnisse
machte ich während meines dreimonatlichen Aufenthalts
in Simen (Juli — September) nachfolgende Beobachtungen.
In der Regel hatten wir bei Sonnenaufgang
heitern Himmel mit schwachem Nordostwind , wobei die
Temperatur der Atmosphäre 4 — 6*/2 Grad Reaumur war.
Gegen neun Uhr Morgens stiegen Wolken auf, gewöhnlich
mit Windstille. Etwas nach der Mittagsstunde pflegte
ein heftiges Donnerwetter mit starkem Platzregen zu beginnen.
Trat Windstille ein, so hielt der Regen bis gegen
Sonnenuntergang an, wo sich dann nach und nach die
Wolken zertheilten, so dass meistens gegen Mitternacht
der Himmel wieder ganz aufgeheitert war. Zuweilen brach
sich aber das Regengewölk schon gegen drei Uhr Nachmittags
durch*südlichen Luftzug. Wenn Hagel fiel, der
meistens ziemlich heftig aus den Wolken herab kam, so
war nie an demselben Tage ein Donnerschlag zu hören,
und umgekehrt, fiel nie bei einem Gewitter auch nur ein
einziges Hagelkorn. Dieses beständige negative Verhält-
niss, von welchem während meines ganzen Aufenthalts nur