
welche ihnen die zahlreichen grossen Antilopen und Büffel,
sowie die Rinderherden der Bewohner gewähren, sie herbeilockt.
Die vielen in der Kulla lebenden katzenartigen
, Raubthiere machen es auch den Einwohnern ganz unmöglich,
Schafe oder Ziegen zu halten. Wir hörten die Löwen
öfters in unserer Nähe brüllen; aber nur einmal stiessen
meine beiden Negerdiener bei einer Jagdpromenade auf
einige derselben. Es war ein ausgewachsenes Paar, welches
gerade eine von ihnen erlegte Defassa-Antilope speiste;
beide Theile starrten sich, durch das zufällige Zusammentreffen
überrascht, fremdartig einander an, hatten aber
keine Lust, sich gegenseitig zu belästigen, sondern gingen
wieder jeder seiner beabsichtigten Beschäftigung nacL
Am 16. Januar erhielt ich von Gondar einen Brief von
Theodor Erckel, in welchem^ er mir unter ändern schrieb,
dass ich unfehlbar die verschiedenen Depeschen erhalten
haben würde, die mein vor zehn Monaten von Mässam
nach Alexandrien geschickter Diener Martin Bretzka
von dort für mich nach Adowa gebracht, von diesem Orte
aber, wegen der durch die Unsicherheit der Wege für
Karavanen unausführbaren Reise, durch einen express^
Boten nach Gondar befördert hatte, und die nun er (The>-
dor) vor beiläufig vierzehn Tagen durch eine G elegenst
an mich in die Kulla abgeschickt habe. Zu gleicher /eit
erschien ein Bote von Palambaras Alie, um mich an^ein
gegebenes Versprechen zu erinnern, auf ein P a a rig e
zu ihm zu kommen; und von diesem Boten erfi11' ich
gelegentlich, dass Papiere für mich von Gondar e* seinem
Herrn abgegeben worden seyen. Ich machti^ich in
Folge dieser Nachrichten alsbald (am 17.) auf d1 Weg,
*) Siehe Band 1. S. 276.
indem ich meinen einen Neger in Negadit zurückliess, um
den etwa zu erlegenden Büffel zurechtzumachen. Die Reise,
auf welcher mich der andere Neger begleitete, musste abermals
zu Fuss gemacht werden, weil mein Reitmaulthier
zur Fortschaffung der grossen Antilopenhäute gebraucht
ward, die ihres Umfangs wegen dem Esel nicht aufgeladen
werden konnten.
Ehe ich von meinem Rückwege spreche, will ich noch
Einiges über die geologische Formation der hiesigen Gegend
mittheilen. Der ganze Landstrich von Gondar nördlich
bis an die Hügelreihe, welche den Thalsaum von Aiera
über Negarit nach Negadit begrenzt, besteht ohne Ausnahme
aus ächt vulkanischem Gestein. Dieses ist Lava von
der Trachyt-Formation, der der Ferroe-Inseln ganz besonders
ähnlich. In der Kulla, wie dort, ist keine Spur,
weder von Bimsstein noch von Obsidian-Laven zu sehen,
dagegen finden sich in den Thalniederungen viele isolirt
liegende Klumpen von derbem Mesotyp und krystallisir-
tem Stilbit, ein Resultat zersetzter Laven, deren Blasenräume
beinahe durchgehends mit diesen Steinarten ausgefüllt
sind. Die in Rede stehende Thalniederung der Kulla
schätze ich beiläufig drei tausend fünf hundert Fuss niederer,
als der Höhenzug ist, welcher die Wasserscheide
zwischen demDembea-See und den Zuflüssen des Takazze-
Stromes bildet, und sie hätte mithin eine absolute Höhe
von vier tausend sieben hundert Fuss. Der dem Thale
entlang laufende Hügelzug hat eine mittlere Erhebung von
fünf hundert Fuss über die Thalfläche, und besteht aus gros-
sentheils parallelen Lagern von Kieselschiefer und Jaspis,
die von Ost nach Westen streichen, sich nach Norden einsenken
, und offenbar durch vulkanische Kraft aufgehoben
wurden; da, wo dieses Gestein in Berührung mit den Laven