
Esel, einen Hund und einen Flug Hühner; und alle diese
Repräsentanten der Thier-und Menschen welt lagen recht eigentlich
und nach ganz willkührlicher Wahl durch einander.
Am folgenden Morgen (23. Mai) gelangten wir, nach
vierstündigem Marsche in östlicher Richtung, an den ausgedehntesten
und furchtbarsten Abgrund, den ich mich je
gesehen zu haben erinnere. Er wird von der Fortsetzung
der Felsenwand, an deren Höhe wir am gestrigen Tage
gekommen waren, gebildet und hat einen fast ganz senkrechten
Rand. Von der Höhe dieser steilen Wand gesehen,
die beiläufig vier tausend Fuss tief abfällt, erscheint die
nach Nord und Osten liegende hügelige Landschaft von '
Tigré und Shiré als eine verflachte Gegend, und die sie
durchströmenden Flüsse haben das Ansehen von sich schlängelnden
Silberfäden. Am nördlichen Fusse dieses Riesendammes
entspringt der Ansou, welcher nach Nordwesten
zu strömt, während der derselben Wand, wiewohl in viel
grösserer Höhe, entquellende Bellegas in westlicher Richtung
lauft. Die Sohle des Shoada-Thales hatte sich, im
Fortgang unsers Marsches, allmählig bis zum Niveau unseres
Weges erhoben, und dieser zog sich nun an der
Nordseite des dick mit Schnee bedeckten Buahat hin. Hier
erblickten wir wieder die fremdartige Vegetation der Gi-
barra-Pflanze, und etwas höher stellenweise nackte, d. h.
zufällig von den permanenten Schneeschichten entblösste
Felsenlager. Nachdem wir etwa fünfviertel Stunden lan»b- am steilen Nordabhange des Buahat hingezogen waren,
befanden wir uns gerade an der nämlichen Stelle, wo am
6. Juli des vorigen Jahrs die nach Gondar ziehende Han-
delskaravane sich von uns getrennt hatte *). Wir wandten
*) Sieh© Band 1. Seite 412.
uns nun südlich, und ritten zwei Stunden lang auf einem
ziemlich steilen Wege in das den Abba-Jaret vom Buahat
trennende Thal, welches nach dem in ihm fliessenden
Strome Maschaha benannt wird. Alles ist hier mit Alpenweiden
bedeckt, nur selten findet sich gegen die Tiefe
hin einiger Anbau am Abhang, und Buschwerk ist nirgends
zu sehen. Der monotone Eindruck, welchen desshalb das
ziemlich enge Thal macht, war für uns um so fühlbarer,
weil die Betten der Giessbäche theilweise trocken lagen,
und die Gerstenflur noch nicht vegetirte.
In Ubi’s Lager trafen wir etwa zwrei tausend Soldaten
sammt einer Schaar von wenigstens drei tausend Weibern
und anderm Trosse an. Die meisten hatten sich kleine
erbärmliche Hütten von Gerstenstroh uhd Reisern errichtet.
Ubi’s Zelt selbst w'ar nicht grösser als sieben Fuss im
Quadrat, was gerade hinreichte, um zwei Ruhebetten zu
fassen. Gewöhnliche, über langen Stangen zusammen geheftete
Umhängtücher bildeten vor demselben eine Art
von Vordach, unter welchem ein langer, aus Welschkornstengeln
gefertigter Tisch aufgestellt war. An diesem wurde
gerade bei unserer Ankunft eine grosse Zahl Gäste beiderlei
Geschlechts gespeist, und Ubi selbst nahm an der
Schmauserei Antheil. Er bedeutete mich sogleich durch
einen Wink, mich zu ihm zu setzen; aber rund um ihn
her war alles mit Gästen so dicht angefüllt, und jeder von
diesen zeigte so wenig Lust, einem Ändern seinen Platz
abzutreten, dass ich mich schon wieder zurückziehen wollte,
als eine hübsche junge Dame, die neben Ubi sass, mich
einlud, zu ihren Füssen Platz zu nehmen. Die Mahlzeit
unterschied sich in nichts Wesentlichem von der bei dem
Bericht über meinen Aufenthalt zu Entschetqab beschriebenen,
ausser dass die zu Tische Sitzenden,* welche insjQre