
an, so hat der Vorstand des Dorfs den Titel Alaga; sonst
pflegt man ihn gewöhnlich mit dem Namen Schum zu bezeichnen.
Ein wahrer Krebsschaden ist in ganz Abyssinien
der Schwarm faulenzender Bedienten, welcher dem Herkommen
gemäss jeden ein Amt bekleidenden Mann fortwährend
umgibt; und deren um so mehr sind, je angesehener
sich ein Angestellter dünkt. Sie sind in der Regel
sehr schlecht besoldet, und erhalten zuweilen nur einen
Speciesthaler als jährlichen Lohn und ein einziges Brod
zur täglichen Kost. Daher übervortheilen sie denn auch
'häufig auf eine sehr trügerische Weise sowohl ihre Herren
als Andere, und je grösser das politische Ansehen ihrer
Gebieter ist, um so schamlosere Schurken sind gewöhnlich
die Diener. Schickt z. B. ein Beamter einen seiner
Untergebenen wegen irgend einer Art von Lebensmitteln
auf den Markt, so nimmt dieser daselbst das von seinem
Herrn Verlangte ohne weiteres weg und zahlt einen ganz
willkührlichen Preis dafür. Die Soldaten, gewissermassen
die Diener eines Häuptlings, massen sich mitunter dasselbe
Recht an, und die Nachricht von ihrer Ankunft ist dess-
halb für die Verkäufer gewöhnlich das Zeichen zur Flucht.
Die effective Geldeinnahme der Provinzbefehlshaber besteht
in Abyssinien grossentheils nur aus dem Pachtzins
der Zölle; denn in den meisten Districten werden die in-
directen Auflagen in baumwollenen Zeugen, welche die
Eingebornen verfertigen, entrichtet, und diese haben selbst
wieder, anstatt des baaren Geldes, einen gewissen Cours.
D er Betrag der in Abyssinien circulirenden Speciesthaler
ist überhaupt äusserst gering, und es muss daher sehr
schwierig seyn, die wahren Einkünfte der verschiedenen
Districte auch nur einigermassen sicher auszumitteln,
eine Aufgabe, die übrigens in dem jetzigen Zustande
Abyssiniens auch nur ein secundaires Interesse haben
könnte. —
Die Bewohner von Simen bedienen sich ausschliesslich
des Amhara-Dialekts. Diese Bemerkung steht zwar in direktem
Widerspruch mit einer Mit'theilung von Bruce, welcher
(Vol. 4. pag. 222) meldet, dass in dieser Provinz sowohl
Sitten als Sprache denen der Provinz Tigré gleich
seyen; allein diesS wird nicht sehr befremdend seyn, wenn
man bedenkt, dass Bruce das eigentliche Simen nie bereist
hat.
Am 10. September 1832 feierte man den ersten Tag
des neuen abyssinischen Jahres *), nach der Landeszeitrechnung
des 7325sten seit Erschaffung der Welt. Den Jahresanfang
in ^diesem Monat scheinen die Abyssinier von
den Juden überkommen zu haben, von welchen Flavius
Josephus **) sagt, dass Moses ***) ihnen diess Wegen des
Auszugs der Hebräer aus Egypten verordnet habe. Vielleicht
haben sie aber auch jenen Gebrauch von den Kopten
angenommen, die gleich den alten Egyptern ihr bürgerliches
Jahr mit dem Herbstaequinoctium, am 21. September,
beginnen, so dass dann, wegen der bei allen orientalischen
Völkern stattfindenden Nichtberücksichtigung der
Gregorianischen Kalenderverbesserung der Jahresanfang
der Abyssinier jetzt natürlicher Weise statt des 21. Septembers
auf den neunten dieses Monats fällt.
*) Bruce, Vol. 3. pag. 399, sagt irrig, dass dieAbyssinier ihr Jahr mit
dem 29. oder30. August beginnen; Combes und Tamisier, Vol. 3. pag.
178, copiren diesen Irrthum, und fügen noch als Erläuterung bei:
l’année commence le 29. Auùt, après le crépuscule du soir. Auch Pearce,
Vol. 1. pag. 132, setzt irrig den Jahresanfang auf den 1. September.
**) Josephus Antiquit. Lib. I. Cap. 4. „ob festa quod eö mense ad-
duxisset Ebraeos ex Aegypto.“
***) Exodus 12. 2.