
3) Die Fasten der Apostel; sie sind von verschiedener
Länge, je nachdem Pfingsten früher oder später fällt;
denn sie beginnen immer am ersten Montag nach dem
Pfingstfeste, und enden am 5. des Monats Hamle. Im
abyssinischen Jahre 7325, wo Pfingst-Sonntag auf den 26.
Ginbot fiel (2. Juni 1833), dauerten sie mithin neun und
dreissig Tage *).
4) Die Fasten zu Ehren der Jungfrau Maria, wozu die
fünfzehn ersten Tage des Monats Nahasse (August) bestimmt
sind, von ihrem Sterbtage bis zu ihrer Himmelfahrt.
5) Die Fasten zur Vorbereitung auf das Fest der Geburt
Christi, vierzig Tage lang, von Weihnachten an rückwärts
gezählt **); man benennt sie Ledetat ***).
Man ersieht aus diesem Verzeichniss der Fastenzeiten,
von welchen die beiden letzt erwähnten nicht von allen
christlichen Abyssiniern gehalten werden, dass ein den
herkömmlichen religiösen Abstinations-Vorschriften nach-
lebender Christ im Laufe des Jahres beiläufig hundert und
zwei und neunzig Tage, das heisst weit über die Hälfte
des ganzen Jahres, zu fasten hat f).
statt ein und vierzig vor Ostern zu fasten beginne, die nicht beobachtete
Abstination der vierzehn Wochentage auf diese Weise compensirt werde.
*) Pearce ist im Irrthum, wenn er, Vol. I. pag. 325, sagt: „The
fast for the apostels, which is in one year fifteen days, and in the
other thirty, begins in June”.
**) Pearce, Vol. 1. pag. 325, gibt die Länge dieser Fasten nur auf
dreissig Tage an. Ich weiss nicht, wer von uns beiden im Irrthum ist.
***) Pearce, (ebendaselbst), erwähnt noch dreissig Tage lange Fasten,
die im October gehalten werden ; mir ist nichts davon bekannt geworden.
f) Es war also nicht richtig, wenn Salt (in Valencias Travels,
Vol. 3. pag. 152) sagte, dass die Abyssinier ein Drittel des ganzen
Jahres fasteten; auch wäre so etwas gar nichts Ungewöhnliches, indem
es ja auch bei den europäischen Katholiken Statt findet.
Das Fasten der abyssinischen Christen besteht darin,
dass sie sich von frühe Morgens bis etwa zwei ein halb
Stunden vor Sonnenuntergang des Essens und Trinkens
ganz und gar enthalten *) , und nachher keine animalischen
Nahrungsmittel, wie Fleisch, Milch oder Butter, zu
sich nehmen, wogegen ihnen nach jener Tagszeit alles
Andere zu essen und zu trinken erlaubt ist. Zu bemerken
ist noch, dass durch eine sonderbare Anomalie , während
der fünf und fünfzigtägigen Fasten vor Ostern, nur am
Mittwoch, Freitag und Sonntag Fische gegessen werden
dürfen, an den ändern Fasttagen aber verboten sind, und
dass endlich an allen Samstagen und Sonntagen dieser
Fastenzeit, zu jeder Tagszeit zu essen erlaubt ist.
Bei der Feier des abyssinischen Neujahrtages, am 10.
September 1832, machten sich die Nachbarn früh Morgens
Besuche; jede meiner Hütte nahe wohnende Frau überreichte
m ir, nach Landessitte , einen Blumenstraus , mit
dem Worte Enkedatasch, welches, wie mir versichert
wurde, so viel bedeuten soll, als: ,,Glück bringe dir das
neue Jahr!” Auch zogen verschiedene Partien junger
Mädchen zu meiner und anderer angesehenen Personen
Wohnungen, um im Chor zu singen und zu tanzen, und
dafür ein kleines Geschenk zu empfangen. Diese niedlichen
Tänzerinnen hatten keine andere Bekleidung, als um
die Hüften einen Gürtel von lartg herunterhängenden schilfähnlichen
Blättern der Gibarra-Pflanze, welche bei den
kreisförmigen Tanzbewegungen eine Art von Rad bildeten,
was einen ganz fremdartigen Anblick gewährte. Uebri-
*) Salt ist auch in dieser Hinsicht übel berichtet, indem er pag.
331 sagt: „The Abyssinians during its (the fasts) continuance never
touch a morsel of food till after sunset.”