
hedu, der Bruder des verstorbenen Sabagadis, einher, der
sich in neuerer Zeit mit seinem Neffen Oeled Michael ausgeglichen
und sogar verbündet hatte *). Als wir an ihm
vorbeikamen, ritt er auf meinen Bedienten zu, und verlangte
dessen Flinte zur Besichtigung; ich aber liess mir
dieselbe sogleich geben, hing sie um und erklärte dem
fürstlichen Räuberhäuptling kurz und bündig, von meinen
Effecten würde nie etwas in seine Hände kommen, und
wenn er etwa mich dazu zwingen wollte, so würde Gewalt
mit Gewalt vertrieben. Auf diese Erklärung liess er uns
ruhig weiter ziehen.
Das Kriegslager des Djeaz Oeled Michael stand auf
dem sanften Abhange eines Hügels. Das aus Baumwollenzeug
mit breiten blauen und weissen Streifen bestehende
Zelt des Häuptlings selbst umfasste, obgleich es das grösste
von allen war, einen Bodenraum von nur acht Schuh im
Quadrat und hatte eben so viel an Höhe, so dass in demselben
nur Platz für ein Ruhebett war, vor welchem, als
wir in dasselbe traten, einige angesehene Personen auf
einem Teppich gekauert sassen. Am Eingang stand eine
dichtgedrängte Gruppe von Soldaten. Das Zelt war in der
Mitte eines viereckigen freien Platzes aufgeschlagen, um
welchen viele ephemere Strohhütten von kaum vier Fuss
Höhe und zwischen denselben hier und da kleine Zelte
von Baumwollenzeug für die Führer standen. In der Anordnung
der Zelte war durchaus nichts Geregeltes zu erkennen,
und von Schildwachen war keine Rede. Bei jeder
Hütte standen so dicht als möglich zusammengedrängt die
den Bewohnern derselben gehörigen Lastthiere mit dem
*) Ich erwähnte seiner schon bei meinem Aufenthalt zu Ategerat Vol. 1. Seite 343.
gemachten Raub, um so gegen die Diebe geschützt zu seyn,
die in einem abyssinischen Lager zahlreicher seyn sollen,
als sonst irgendwo. Die ganze Menschenmasse mochte an
viertausend Köpfe betragen, und ungefähr ein Viertheil
derselben bestand aus Mädchen und Trossgesinde. Eine
Armee in Abyssinien ist fast gerade das Gegentheil von
dem, was man in Europa mit diesem Worte bezeichnet.
Jeder Häuptling, welcher durch Erbschaft oder Waffengewalt
Befehlshaber einer grösseren Provinz geworden ist,
unterhält als solcher nur eine geringe Zahl wirklich besoldeter
Truppen, welche aus Freiwilligen bestehen und
mit Flinten bewaffnet sind. Von einem Einexerciren derselben
oder auch nur von einer Prüfung, ob sie gehörig
mit diesen Waffen umzugehen wissen, ist meines Wissens
nie die Rede. Die Flinten sind stets ein Eiffenthum des
Häuptlings, der im Krieg und Frieden für die freilich sehr
spärliche Nahrung dieser Truppen sorgt, und ausserdem
einem jeden einen in Geld oder Baumwollenzeug bestehenden
Jahrgehalt gibt. In der Regel besitzt jeder dieser
Soldaten selten mehr als einige Schuss Pulver, die ihm der
Häuptling beim Antritt eines Kriegszugs liefert. Eigens
aufgehäufte Kriegsvorräthe kennt man in Abyssinien nicht:
wesswegen denn auch der Krieg jedesmal, wenn ein einziges
Handgemenge für einen Häuptling ungünstig ausfällt,
als beendigt zu betrachten ist, oder wenigstens nur
noch auf die Plünderung seines Districts sich beschränkt.
Nach der Zahl jener mit Flinten bewaffneten Leute wird
die Macht eines Häuptlings taxirt. Die zweite, bei weitem
zahlreichere Abtheilung eines abyssinischen Heeres besteht
aus den einzelnen Dorfvorstehern, die bei einem Kriege
mit ihren Bauern und Knechten sich um den Häuptling
schaaren müssen. Diese Leute sind bloss mit Spiessen, Sä