
abzuwarten, welche Wendung der Krieg nehmen werde.
Auf die Nachricht von dem Siege, den Djeaz Oeled Michael
unlängst über Solengeda in Temben erkämpft hatte,
schickte er nun seinen Sohn nach Adowa, um jenen Häuptling
aufzufordern, die für seinen verstorbenen Vater bestimmten
Waffen an der abyssinischen Grenze sebst in
Empfang zu nehmen, durch welchen dem Anschein nach
freiwilligen Antrag Coffin sicher hoffte, sich ganz besonders
in Gunst zu setzen.
Oeled Michael hatte, nachdem er vergebens auf eine
Zusammenkunft mit Serrafel gewartet, zwei Stunden nordwestlich
von Adowa ein Lager aufgeschlagen; und ich beschloss
nun mit Bascha Demetrius,und Hannes Coffin dahin
zu gehen, um nach dem, vom Häuptling von Agame
wegen seines Zugs nach der Meeresküste zu fassenden
Entschluss für meine eigene Reise einen Plan entwerfen
zu könnent Mein R itt nach Oeled Michael’s Lager gab mir
Gelegenheit, auf das Genaueste den Umfang der Verwüstungen
kennen zu lernen, denen Abyssinien bei seinen
fortwährenden Bürgerkriegen beständig ausgesetzt ist. Ein
grösser Theil der Landschaft zwischen Adowa und Axum,
welche eine ansehnliche Zahl Dörfer und ziemlich viel
Ackerland enthält, war von Sabagadis dem Nebrida Aram
von Axum zur Verwaltung überlassen worden. Dieser hatte
in der Fehde zwischen Serrafel und Oeled Michael des
Ersteren Partei ergriffen, und war bei des Letzteren Anmarsch
nach Axum geflohen; hier ward er fortwährend
aufgefordert, sich unbedingt zu unterwerfen und es von
der Grossmuth des Häuptlings von Agame abhängen zu
lassen, ob ihm die fernere Verwaltung .der hiesigen Bezirke
wieder würde anvertraut werden; aber er hegte starke
und vielleicht wohl begründete Zweifel in Betreff der Aufrichtigkeit
der ihm angebotenen Verzeihung, und war
desshalb nicht zu bewegen, das Sanctuarium von Axum zu
verlassen. Da gab endlich an dem nämlichen Tage, an welchem
ich in das Lager ritt, Oeled Michael seinen Soldaten
die Erlaubniss, sämmtliche Ortschaften, welche dem Nebrida
Aram untergeordnet waren, auszuplündern; und nun verbreitete
sich mehr als die Hälfte dieses Gesindels mit unglaublicher
Schnelle über die ganze Landschaft hin, um
im wahren Sinne des Worts den Bewohnern alles, was nur
fortgebracht werden konnte, wegzunehmen. Zu beiden Seiten
des Wegs sah man alsbald alle Dorfschaften in Brand
stehen; die auf dieses Ereigniss durchaus nicht vorbereiteten
Landleute liefen Schaarenweise unter kläglichem Geheul
nach Adowa zu; lange Reihen sogenannter Soldaten
durchstreiften mit Beute beladen und nach neuem Raube
gierig, begleitet von einem Tross Weiber, die Gegend in
allen Richtungen. Nichts w'ard von ihnen verschont, selbst
scheinbar werthlose Dinge, wie die Steine zum Mehlreiben,
alte Wassertöpfe und Aehnliches, wurden weggeschleppt;
Webstühle verbrannte man aus blosser Zerstörungslust.
Die Flüchtigen, welche man einholte, wurden
geprügelt, um sie zum Geständniss in Betreff der etwa versteckten
Gegenstände zu bringen. Zu bemerken ist, dass
diese unglückliche Gegend in den vorhergegangenen zwei
Jahren bereits schon zweimal ausgeplündert worden war,
und dass gerade vor jener dritten Plünderung die Einwohner
gewissermassen alles bis auf das dringend Nothwendige
veräussert hatten, um Getreide zur Aussaat in der herannahenden
Regenzeit zu kaufen. Welche verzweifelnde Lage
dieser Unglücklichen, die nun für die nächsten zwölf Monate
ohne alle Nahrungsmittel waren !
An der Spitze eines Haufens dieser Plünderer zog Sag