
Kreuzen von Bronce *); und über dem vornehmsten von
ihnen ward ein grösser blauer Sammetschirm getragen, der
rund um mit Goldfranzen **) versehen war. Die ganze
Feierlichkeit entbehrte aller Ordnung und erregte wenigstens
in mir mehr eine Neigung zum Lachen, als eine religiöse
Empfindung.
Der eigentliche Palast, in welchen man durch einen
zwischen zwei Thürmen befindlichen Thorweg gelangt,
besteht aus zwei Hauptgebäulichkeiten, nämlich einer
grossen steinernen H alle, in der wahrscheinlich das Gefolge
der Gäste sich gegen Sonne oder Regen zu schützen
pflegte, und einem geräumigen cylindrischen Gebäude. Dieses
hat am oberen Stocke nach aussen zu eine rundum
laufende überdeckte Gallerie, von welcher man in mehrere
dunkle Zimmer gelangt, deren Wände einst, wie man
aus einzelnen Ueberbleibseln ersieht, durchaus mit bemalten
viereckigen und durch messingene Rosetten befestigten
Porcellantäfelchen verziert waren. Hier und da gibt
noch eine Spur von schweren seidenen Thürvorhängen
und Alkoven-Gardinen, sowie von scharlachrothen sammte-r
nen Ruhebetten den für Abyssinien ungewöhnlich grossen
Luxus zu erkennen, welcher einst hier herrschte. Unwill-
kührlich drängte sich mir beim Durchwandeln dieser Gemächer
der Gedanke an die Scenen auf, welche Bruce
hier mitansah und in seinem Werke beschrieb, und an die
Menschen, mit denen er daselbst verweilte; die anmuths-
volle Oezoro Ester, ihr ritterlicher Sohn Djeaz Confu, der
verrätherische Ras Fasil und die anderen Genossen einer
glänzenden Zeit, deren Charakter der muthige Schotte uns
*) Fig. 4. Taf. 4.
**) Siehe Fig. 5. Taf. 3.
auf eine so lebendige Weise schildert, contrastirten auf
das Auffallendste mit dem elenden Volkshaufen, der mich
in diesen Ruinen umgab *). Koskam war einst eine der
reichsten Kirchen Abyssiniens und hatte stets Männer aus
den ersten Geschlechtern des Landes zu Priestern, sowie
denn auch jetzt noch mehrere derjenigen Familie angehören,
aus welcher die Kaiser gewählt werden müssen. In
neuerer Zeit aber erlitt das Kloster das Schicksal der
meisten öffentlichen Anstalten Abyssiniens; habgierige Anführer
einer wilden Soldateska haben sich gewaltsam der
verschiedenen Dorfschaften bemächtiget, deren Zehnten
früher die Einkünfte jener Kirche bildeten, und das übrige
Vermögen derselben ist in den nun schon sechzig Jahre
hindurch dauernden Bürgex-kriegen fasst ganz geschwunden.
Ungeachtet dieser Armuth konnte ich die Priester
nicht dazu bringen, mir einige ihrer alten Manuscripte
zu verkaufen, unter welchen sich einige Landeschroniken
und ausserdem namentlich eine weitläufige Lebensgeschichte
Alexander’s des Grossen befinden. Letzteres Werk
ist Senat Eskander betitelt und soll nur in diesem einzigen
Codex vorhanden seyn; vielleicht gelingt es späteren
Reisenden denselben zu acquiriren, oder wenigstens
eine Abschrift davon fertigen zu lassen. Die vorhandenen
Chroniken wurden sämmtlich von Lik Atkum bei der Compilation
der für mich niedergeschriebenen Geschichte benutzt,
daher an ihrem Besitz mir weniger gelegen war.
Auch schöne Codices von einzelnen Abtheilungen der Bibel
wurden mir hier gezeigt, aber auch sie waren nicht
*) Obgleich in meiner sehr ausführlichen Chronik der modernen
abyssinisohen Geschichte von sehr vielen Personen die Rede ist, deren
Bruce in seinem Berichte erwähnte, so finde ich doch nirgends eine
Andeutung von diesem Djeaz Confu, Sohn der Oezoro Ester,