
Umgang; in der Kirche von einem Priester getragen, während
vier andere Priester mit ähnlichen Kronen von Silberblech
geschmückt waren. Die angesehensten von den
Geistlichen gingen bei dieser Procession unter grossen
runden Sammetschirmen, welche neben ihnen getragen wurden.
Der Zug bewegte sich an dem Tabot vorbei, welcher
von schönem rothem Sammt mit Goldbrocade, einem,
wenn ich nicht irre, von Bruce dem Kaiser seiner Zeit
gemachten Geschenke, überdeckt war. Innerhalb der Kirche
waren fasst nur Männer zu sehen, wogegen eine grosse
Zahl von Frauen sich im Vorhofe befand. Nach abyssini-
schen Kirchengesetzen ist nämlich der Eintritt in das Gotteshaus
jedem Weibe, welches, ohne kirchlich getraut zu
seyn, in einem näheren Verhältniss zu einem Manne steht,
untersagt, und diese Exclusion ist auf den grössten Theil
der Frauen von Gondar anwendbar.
In der Kirche Bada, so wie in mehreren anderen Kirchen
von Gondar, sieht man mehrere längliche Kisten von
Sykomorenholz und von ein und ein halb Schuh Breite,
ein Schuh Höhe und beiläufig fünf Schuh Länge stehen,
welche an den Seiten rund um mit Heiligenbildern, und
oben mit der Figur eines liegenden und in eine Art Leichentuch
eingehüllten Menschen bemalt sind. Sie erinnerten
mich unwillkührlich an die in Egypten in den ersten
Jahrhunderten nach Christi Geburt gebräuchlich gewesenen
Leichenkisten; und in der That enthalten auch diese Kisten
in Gondar gleichfalls menschliche Gebeine, aber nur
von solchen Personen, die in besonderem Ansehen standen.
Diese müssen jedoch herkömmlicher Weise erst fünfzig
Jahre lang in der Erde geruht haben, ehe sie zur Ehre gelangen,
auf diese Art auf bewahrt zu werden. Ob diese Art
von Canonisirung der Verstorbenen erst durch die katholischen
Missionaire eingefuhrt wurde, oder vielleicht in der
frühesten Zeit durch die von Egypten gekommenen Glaubensapostel
aufkam, wusste mir die hiesige Geistlichkeit
nicht zu sagen. Auffallend war es mir, dass keine einzige
abyssinische Reisebeschreibung, weder der älteren noch der
neueren Zeit, dieser Todtenkasten Erwähnung thut.
Ich will die Leser nicht durch Beschreibungen der vielen
anderen Kirchen ermüden, die theils in der Stadt, theils
in der nächsten Umgebung liegen, und deren Zahl an fünfzig
betragen soll. In keiner von allen, welche ich besuchte,
fand ich übrigens etwas, das eine besondere Erwähnung
verdiente, mit Ausnahme der Kirche des heiligen Kyria-
cus, die, wie früher bemerkt ward, durch ihre längliche
und rechtwinkelige Form der Kirche Telout ähnelt. In ihr
ist eine kleine Bronze-Glocke bemerkenswert!), mit welcher
regelmässig zum Kirchendienst geläutet wird. Man sprach
mir ausserdem viel von der reichen Büchersammlung dieser
Kirche, in welcher sich namentlich viele, gedruckte Folianten
befinden sollten. Schon schmeichelte ich mir mit
der Hoffnung, hier vielleicht einige jener so seltenen portugiesischen
Reiseberichte über Abyssinien anzutreffen, von
welchen sogar mehrere in Europa ganz verschwunden seyn
sollen; aber o Täuschung! der ganze Schatz von Druckwerken
reducirte sich auf einige defecte Bände der in Venedig
erschienenen Schriften des heiligen Chrysostomus und
auf eine in Rom publicirte Bilderbibel. Unter den wenigen
abyssinischen Manuscripten, welche diese Kirche besass,
zeichnete sich ein grösser Quartant aus, welcher mehrere
Schriften des alten Testaments, und als Anhang eineUeber-
setzung der jüdischen Geschichte von Josephus enthielt.
Diese Uebersetzung führt den Titel Senat Jahud, d. h. die
Geschichte der Juden, und war bereits dem Ludolf be