
ich den ernsten Entschluss aussprach, mich nach dieser Niederung
zu begeben und daselbst längere Zeit verweilen
zu wollen. Ich gehe, meinten sie, durch ein so frevelhaftes
Unternehmen einem unvermeidlichen Verderben entgegen,
und zwar ganz insbesondere desswegen, weil die Kulla
durchaus von rohen, grausamen Menschen bewohnt werde,
die weder göttliche noch menschliche Gesetze achteten. Ich
liess mich dadurch nicht im Mindesten einschüchterir und
irre machen, sondern Getana Mariam musste mich vielmehr
auf mein Bitten bei einem gewissen A ito S a ifu , einem
ihm befreundeten Elephantenjäger einfiihren, welcher wegen
seines persönlichen Muthes und seiner Verbindungen
mit vielen Bewohnern der Kulla der am meisten geeignete
Mann seyn sollte, in dessen Gesellschaft ich jene Gegend
besuchen könnte. Dieser erklärte sich zu der beabsichtigten
Excursion auch alsbald bereit; die günstigste Jahreszeit
für die Jagden in der Kulla war eben jetzt (Decem-
ber) eingetreten, weil die daselbst zum Ackerbau benutzten
Landstrecken nun mit beinahe reifem Getreide bedeckt,
das grasfressende Wild in die bewohnten Gegenden lockte,
während das noch nicht niedergebrannte Strauchwerk, von
dem ich seiner Zeit sprechen werdenden Jägern das Herbeischleichen
zu den zu erlegenden Thieren erleichterte.
So sehr ich indessen darauf drang, baldmöglichst die Excursion
in die Kulla zu beginnen, so ward dieselbe doch von
Tag zu Tag verzögert, um den Ausgang der Unternehmung
von Mersu gegen Simen abzuwarten, und ich musste wider
Willen bis gegen Ende des Jahres in Gondar verweilen.
In dieser Zwischenzeit ereigneten sich mehrere bemerkens-
werthe Vorfälle, die ich nachstehend berichten will.
Am 16. December gegen Abend w'ard die Stadt durch
die unerwartete Rückkehr von Mersu’s Schaar von neuem
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in Schrecken gesetzt. Sein ganzer Kriegszug gegen Simen
hatte sich darauf beschränkt, mehrere Dörfer in der Provinz
Woggera auszuplündern, und als er benachrichtigt
ward, dass der Gouverneur von Entschetqab, Schellika Getana
Jasu, gegen ihn heranrücke, zog er sich, ohne das
Waffenglück zu versuchen, schleunig nach Gondar zurück.
Seine Ankunft in der Stadt hatte jedoch nichts zu bedeuten,
und störte die Ruhe nicht im Mindesten; denn er wollte
bloss mit seinen Spiesgesellen in dem Asyle aller abyssi-
nischen Freibeuter und Missethäter, der Wohnung des
Etscheghe, Schutz suchen, und seine Bande bestand nur
noch am etwa fünfzig Reitern, die zum Theil sehr schöne
Pferde ans der Provinz Gudjam hatten, und dreihundert
Fussgängern, von welchen beiden Corps nur ein einziger
Soldat mit einer Flinte bewaffnet war, vielleicht aber keinen
Schuss\Pulver bei sich hatte. Drei Tage später wurden
wir wieder von einem ändern Schwarm Raubgesindel
überrascht. Bjeaz Confu nämlich, der Sohn der Oeleda
Tackelit, zog\([19. December) im Eilmarsch südlich an Gondar
vorbei nacV Dengbelber zu, um wo möglich den Djeaz
Hailu von Matdia einzuholen und ihm die von seinen Soldaten
gemachte Beute abzunehmen. Confu’s bisheriger
Kriegszug, den \r in Verbindung mit Ras Ali gegen den
Dj eaz Ali Faris \on Lasta unternommen hatte, war ganz
erfolglos ausgefallen, und man beabsichtigte nun den Zwist
durch einen Vergleich beizulegen. Am folgenden Morgen
erschien Schellika Getana Jasu, von Simen kommend, mit
einem Corps von angeblich fünfzehnhundert Soldaten, lagerte
sich am Flüssclen Magelb, drei Stunden nordöstlich
von Gondar, und drihete die Stadt zu plündern, wenn
Mersu nicht augenblitklich den in Woggera gemachten
Raub ausliefere und die hiesige Gegend verlasse.