
zu jagen gedachten; auch ward alles Pulver auf ein ausgebreitetes
Stück Leder geschüttet. Hierauf las Saifu mehrere
Gebete oder Zaubersprüche vor, und nachher ward
ein eigends von ihm zu diesem Zweck von Gondar aus
mitgebrachtes rothes Schaf (diese Farbe des Thiers ist zum
beabsichtigten Zwecke unumgänglich nöthig) dreimal im
Kreise um die Waffen herumgetrieben und sodann geschlachtet,
jedoch so, dass das ausspritzende Blut desselben
auf alle Flinten, ja selbst auf den Pulvervorrath und auch
auf die Messer floss, mit welchen das Wild ausgeweidet
werden sollte. Alsdann verschlangen die Abyssinier einen
Theil des rohen, noch ganz warmen Fleisches ohne irgend
eine Zubereitung oder Zukost *). Die ganze Ceremoriie
dauerte ziemlich lang, so dass die Sonne längst untergegangen
war, ehe wir uns wieder in Marsch setzten, um
zu einem dreiviertel Stunden von hier nach Nordwest zu
befindlichen Wasser zu kommen, wo wir zu übernachten
beabsichtigten, und ich insbesondere meinen Antheil an
dem Fleisch des Schafes kochen lassen wollte. Der Weg,
welcher hier noch nicht sonderlich steil abwärts ging,
schlängelte sich zwischen einzelnen schönen Baumgruppen
hin. Die grössere Mehrzahl von uns eilte schnellen Schrittes
zu Fusse voran, um bald das Ziel unseres Tagemarsches
zu erreichen, langte aber erst bei völliger Dunkelheit daselbst
an. Hier nun zeigte es sich, dass mein Neger Abdalla
mit dem einen Bedienten des Saifu und meinen beiden
Lastthieren noch zurück war; und bald hörten wir einen
fernen Flintenschuss, welchen ich als ein Signal erkannte,
*) Ich glaubte früher immer zu bemerken, dass man nur das Ochsen-
fieisch ganz roh isst, die Schafe und Ziegen aber am Feuer etwas röstet
oder wenigstens wärmt.
dass meinem Bedienten etwas widerfahren seyn müsse und
er unsere Hülfe fordere. Ich wollte sogleich umkehren,
aber Saifu bemerkte mir, ich könne leicht in der Dunkelheit
der Nacht den Weg verlieren, und es würde daher
besser seyn, wenn ich mit den W^eibern an der Quelle beim
Gepäck bliebe, und ihm mit seinen Leuten die Aufsuchung
des Abdalla überliesse. Bald nachdem er aufgebrochen
war fiel ein zweiter Schuss, und kurz darauf kam Saifu
mit seinen Leuten in grösser Angst zu uns zurück. Er erklärte
, wir müssten eilends aufbrechen und ihm in aller
Stille folgen, weil Abdalla sicher von Räubern angefallen
und: äusgeplündert, ja wahrscheinlich auch wegen seiner
Gegenwehr erschlagen sey. Vergebens sträubte ich mich
gegen dieses schimpfliche, feige Verfahren; man drohete
m ir, mich allein ohne Waffsn zurück zu lassen, und ich
erklärte mich endlich nach vielem Widerstreben dazu bereit,
bis an das nächste Dorf zu gehen, um von dort aus
mit ändern Leuten entweder meinem Diener zu Hülfe zu
kommen, oder doch wenigstens sein Schicksal zu erforschen.
Allein Saifu deutete mir an, er werde unter keiner Bedingung
auch nur eine einzige Stunde in dieser Gegend verweilen,
indem er befürchten müsse, dass Abdalla einen der
Räuber, die unfehlbar in der Umgegend einheimisch wären,
getödtet habe; dann werde aber die Blutrache über ihn
und mich kommen, und er selbst könne im glimpflichsten
Falle wenigstens seine beiden Flinten einbüssen. Er rieth
also, vor allem Ändern, durch schleunige Flucht meine
eigene Person in Sicherheit zu bringen. Allein ich blieb
fest auf dem Vorsatze, das zunächst gelegene Dorf aufzusuchen,
und er musste sich zuletzt in meinen Willen
fügen. Wir zogen nun eilig in' nordwestlicher Richtung
über einen felsigen Weg durch dorniges Buschwerk bergab,
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