
schriebenen Seiten mit doppelten Columnen. Der Text ist
in der Geez-Sprache abgefasst *).
Die A rt, wie die bemittelten Bewohner von Gondar
gewöhnlich ihre Zeit verbringen, ist ohngefähr folgende.
Den grössten Theil des Vormittags verwendet man zu gegenseitigen
Besuchen, deren Zweck theils Geschäfte sind,
theils der Wunsch, einer einflussreichem Person sich aufmerksam
zu beweisen, und die in letzterem Fall tagtäglich
wiederholt werden. Gegen Mittag wird die Mahlzeit und
nach derselben gewöhnlich eine Sieste gehalten. Zwei Stunden
vor Sonnen-Untergang besucht man sich abermals,
jedoch stets um länger zu verweilen und sich beim gemeinschaftlichen
Genuss von Gerstenbier oder Honig’wasser den
*) Ich finde in Bruce, Yol. 3. pag. 718, folgende Bemerkung: „Pierre
Heyling de Lübec, missionaire protestant, employa une grande partie
de son temps à la traduction des loix romaines (les instituts de Justi-
nian) dans la langue du pays, d'après un plan qu’il avait porté d'Allemagne
Cet ouvrage ainsi que deux autres livres qu’il avait composés
en Geez, existent encore, et sont dans les mains de quelques Abyssiniens,
a ce qu’on m’a assuré plusieurs fois.“ Ist also vielleicht dieser
Heyling der Verfasser des abyssinischen Gesetzbuchs Pheta Negust?
Nach Ludolfs Commentar, pag. 551, kam dieser Heyling im Jahr 1634
nach Abyssinien, woselbst noch im Jahr 1647 Gregorius mit ihm verkehrte.
Lik Atkum sprach mir in Gondar einige Mal von den trefflichen
moralischen Grundsätzen, welche ein Malern Petros vor vielen
Jahren in Abyssinien verbreitet habe; es wäre nun durch einen wissenschaftlichen
Reisenden auszuforschen, ob dtfeser Malern Petros und der
Missionair Peter Heyling die nämliche Person gewesen, und ob ausser
dem wahrscheinlich von ihm entworfenen Gesetzbuche, noch andere
seiner in abyssinischer Sprache verfassten Schriften in jenem Lande sich
erhalten haben. Professor Michaelis in Halle hat im Jahr 1724 in 8»
publicirt : Sonderbarer Lebenslauf P. Heyling’s und dessen Reisen nach
Aethiopien ; aus Ludolfs edirten Schriften und ändern noch nicht edir-
ten Documenten herausgegeben. Ich bedauere, dass mir dieses Werk-
chen nie zu Gesicht gekommen ist.
Abend zu verkürzen. Männer und Frauen sitzen dann bei
der zwanglosesten Unterhaltung und bloss auf den Genuss
sinnlicher Vergnügungen bedacht, mehrere Stunden lang
beisammen. Hat man lange keine besondere Veranlassung
zu Gastereien, so schlachten einige Familien gemeinschaftlich
einen Ochsen, und jede verzehrt dann ihren Antheil
daran mit eigenen Freunden im eigenen Hause. Dasjenige
Fleisch, welches noch seine-natürliche Wärme hat, und
bei dem die Muskelfasern noch unter dem Messerschnitte
zucken, gilt für einen besonderen Leckerbissen. Das Fleisch
wird von den Abyssiniern meistens roh verzehrt, wiewohl
in den von mir bereisten Provinzen jetzt nie anders, als
nachdem das geschlachtete Thier ausgeblutet hat. Der barbarische
Gebrauch, Stücke Fleisch von einem noch lebenden
Thiere herauszuschneiden, welchen Bruce mit vieler
Ausführlichkeit beschrieben hat *), mag zur Zeit seines
Aufenthalts in Gondar stattgefunden haben, ist aber sicherlich
in neuer Zeit dort wenigstens nicht mehr etwas Gewöhnliches.
Dass derselbe indessen in ändern Gegenden
Abyssiniens auch jetzt noch zuweilen vorkommt, behaupte
ich trotz des Widerspruches Salt’s und der ganz grundlosen
Kritiken, weiche die Franzosen Combes und Tamisier über
Bruce veröffentlichten **). Wünscht man für diese vielfältig
bestrittene Sache einen speciellen Beleg zu haben,
so schlage man folgende Stelle in Head’s life of Bruce
pag. 253 auf: „Mr. Coffin, Lord Valentia’s valet, who was
left by him in Abyssinia, and who is now (1830) in England,
has declared to us, that he not only has seen the
operation which Bruce described performed, but that he has
even performed it himself, and that he did so at Cairo, in
*) Vol. 3. pag. 160 und 344.
**) Vol. 4. pag. 288.