
Aber dieses war bloss eine Verstellung, denn Gabire und
Gugsa hatten ein geheimes Einverständniss, den Ras Belasse
auf irgend eine treulose Art zu verderben. Der Plan
ward jedoch verrathen, und Selasse wendet neuerdings, im
Februar 1814, seine Waffen gegen Ras Gabire, forcirt den
wichtigen Gebirgspass Sanka-Bef, erobert und verbrennt
die Hauptstadt von Simen, Entschetqab, setzt für eine kurze
Zeit den Schum Temben Gebra Michael als Djeaz von
Simen ein *), und verhilftdem vertriebenen Djeaz Woldo
Confu zum Besitz der Provinz Walkeit. Simen kommt aber
sehr bald wieder unter die Botmässigkeit des Ras Gabire,
der jedoch schon im Mai des nächst folgenden Jahres stirb't.
Sein Sohn Hailu Mariam folgte ihm in der Verwaltung
von Simen nach; er war sehr kriegslustig, und bemächtigte
sich, nachdem Ras Oeled Selasse in Tigre im Mai 1816
gestorben, abermals Walkeit’s , woraus er für immer den
Woldo Confu verdrängt. In Verbindung mit Ras Gugsa
von Begemder machte er 1819 einen Kriegszug gegen Ras
Hailu von Lästa, und später gegen Libo, Häuptling der
Edjou Galla. Nach Gugsa’s Tode vereinigte er sich mit
Djeaz Maru von Dembea zu einem Kriegszug gegen Djeaz
Gosho von Matsha. Um sich durch Verwandtschaft zu verstärken,
musste sein Sohn Djeaz Ubi eine Tochter Maru’s
heirathen. **) Dann bekriegte Hailu Mariam den Hailu
Jesus Ras Imam, der seinem Vater Gugsa in der Provinz
Begemder gefolgt war ; aber in diesem Feldzug verliess
*) Es ist dieser Gebra Michael der nämliche, der nach Ras Se-
lasse’s Tode die Obergewalt in Tigre an sich riss, und der im Jahr
1822 von Sahagadis erschlagen wurde. Pearce, Vol. 1. pag. 255, sagt,
derselbe sey ein naher Anverwandte von Djeaz Aito Tesfa gewesen.
**) Gobat, im Missionsberichte, pag. 94, erwähnte auch dieser Eheverbindung.
ihn treuloser Weise Maru, der sich mit Ras Imam und dessen
beiden Brüdern Maria und Dori verband. Hierdurch
zum Rückzug gezwungen, kam es zwischen beiden Parteien
im April 1826, in der Nähe von Gondar, zu einem
hartnäckigen Treffen, in welchem Hailu Mariam geschlagen
wurde. Er flüchtete hierauf nach Simen, wo er kurz
nachher, im Juli des nämlichen Jahres, starb.
Djeaz Mersu, ein Sohn Hailu Mariam’s von der Oezoro
Herot, und mithin ein Enkel des Ras Gugsa, sollte nach
seines Vaters Tode die Verwaltung der Provinzen Simen
und Walkeit erhalten; er war aber gerade zur Zeit dieses
Todesfalles mit seiner Mutter zu Debra Tabor in Begemder
, und die Niederlage, welche unlängst die Truppen
von Simen durch die nächsten Anverwandten des Mersu
bei Gondar erlitten hatten, stimmte die Soldaten nicht
sonderlich zu seinen Gunsten. Schellika Getana Jasu, ein
alter Oberofficier und vertrauter Rathgeber des verstorbenen
Hailu Mariam, wusste die einflussreichen Bewohner
des Landes zu überreden, dass sie statt jenes Prinzen von
halber Galla-Abkunft, seinen Stiefbruder Ubi, welchen
Hailu Mariam mit einem Mädchen von dunkler Herkunft
aus Simen, gezeugt hatte, zum Djeaz aller von seinem
Vater besessenen Provinzen ernannten. Oezoro Herot rief
hierauf ihren Bruder, den Ras Imam, zum Schutze der
Rechte ihres Sohnes an. Dieser kam auch mit grösser
Kriegsmacht, verheerte die Provinz Woggera, schlug Ubi’s
Truppen, und äscherte viele Ortschaften in Simen ein (Mai
1827). Ubi unterwirft sich endlich, und schliesst ein geheimes
Bündniss mit Ras Imam, in Folge dessen ersterer
im Besitze der von seinem Vater beherrschten drei Provinzen
Simen, Walkeit und Woggera verbleibt, und von
seinem Stiefbruder Mersu, in Berücksichtigung seiner Ju