
kannte als ich, versicherte mir, diese Aussag'e sey nichts
als eine boshafte Lüge und einzig und allein in der Absicht
ersonnen, damit wir einen ganz falschen Weg einschlügen
, auf welchem wir ausser dem Zeitverluste noch
die Strapazen des Uebergangs über den hohen Buahat-
Berg zu erdulden haben würden. Und so verhielt es sich
denn auch wirklich: Ubi befand sich noch im Maschaha-
Thal, und dachte nicht daran, nach Entschetqab zu gehen!
Nachdem wir einen Weg von etwa fünf Stunden zurückgelegt
hatten, gelangten wir an eine Stelle, wo der
Bergkamm,, auf welchem wir ritten, kaum vierzig Fuss
breit ist. Nördlich wird derselbe von einem furchtbaren
Abgrund begrenzt, in dessen etwa drei tausend Fuss betragender
Tiefe Simen’s Vulkane als Hügelverkettungen
nach Walk eit hinziehen. Südlich fällt der Bergkamm gleichfalls
steil nach dem Flussbette eines Nebenarms des Bellegas
-ab, der Abgrund auf dieser Seite ist aber bei weitem
nicht so tief, als der nördliche. An der schmälsten
Stelle des Kammes haben die Abyssinier quer über den
Weg eine Art Verschanzung von zusammen gebundenen
Aesten und dazwischen gelegten Felsstücken erbaut, hinter
welcher die Schützen sich gegen den ersten Angriff bergen
können, wenn etwa der Durchgang durch das kleine Thor
gewaltsam versucht werden sollte. Unterhalb dieser Befestigung,
welche den Namen Sanka Ber führt *), an der
steilen Felswand des nördlichen Abfalles befindet sich die
Quelle des Serima-Stromes, welcher gleich bei seinem
Ursprung einen hoch herabstürzenden, schäumenden Was*)
Ras Oeled Selasse von Tigré forcirte diesen nicht schwer zu
verteidigenden Pass in einem Kriege mit Ras Gabire im Jahr 7306
(1813).
serfall bildet, der selbst in der Ferne einen grossartigen
Anblick gewährt. Von Sanka Ber kann man einen grossen
Theil der Provinzen Walkeit und Shiré überblicken. In
der in jeder Beziehung pittoresken Scenerie zeichnet sich
ganz besonders der isolirt stehende und hohe Vulkan-
Kegel Aloqué aus, welcher auf dem jenseitigen Ufer des
Takazzé liegt, und an dessen Fuss der gewöhnliche Weg
von Gondar nach Adowa vorbeigeht. Dieser Berg, in dessen
Nähe Ras Maria vor drei Jahren dem Sabagadis eine
Niederlage beibrachte, liegt von Sanka Ber aus unter
einem magnetischen Azimuth von 15° Nordost.
Wir stiegen, in direct östlicher Richtung, über einen
von Felsmassen durchsetzten Wiesengrund immer mehr
aufwärts, bis wir nach einstündigem Marsche eine absolute
Höhe von mehr als zehn tausend Fuss. erreicht hatten.
Nirgends war ein Gesträuch zu sehén, und nur in ferner
Tiefe erblickte man einige Gerstenfelder. Für die Nacht
suchten wir in dem abwärts im Shoathale gelegenen Dorfe
Ambaras ein Unterkommen, fanden aber erst nach langem
Wortwechsel Aufnahme , welche indessen unerwarteter
Weise eine ziemlich gastfreie war. Wir hatten den ganzen
Tag über bedeckten Himmel gehabt, und dabei war die
Temperatur der Luft empfindlich kalt gewesen; Nachts
fiel in der Umgegend des Dorfes etwas Schnee. Die Hütte,
in welcher wir die Nacht zubrachten, war gleich den meisten
Wohnungen Simen’s, in unbeschreiblich hohem Grade
mit Schmutz angefüllt, und niemals ward ich und meine
ganze Reisegesellschaft mehr von Ungeziefer geplagt, als
in dieser Nacht. Ausser uns und unsern beiden Maulthie-
ren beschirmte das gemeinschaftliche Obdach noch die
Besitzer des Hauses und ihre an kleinen Kindern zahlreiche
Familie, sowie ein Paar Schafe, eine Kuh, zwei
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