
viduen gesehen und während meines langen Aufenthalts
in der Kulla mich vielfach nach ihnen erkundigt, und sowohl
meine eigene Beobachtung, als auch die einstimmige
Aussage der Eingebornen, gab mir die Gewissheit,
dass auf der O s ts e ite d es N ils , in den nördlich von
Abyssinien gelegenen Landschaften d u rc h a u s k e in e
N e g e r wohnen, sondern dass der dort angesiedelte Volksstamm
eine mit den benachbarten Bischarie, den Habab
und den bei Schendi und am Nil angesiedelten Dongolawi
ganz identische Race ist, kurz zu den von mir früher mit
dem Worte A e th io p ie r bezeichneten Stämmen gehört *).
Es ist befremdend, dass Niemand die so sehr bestimmte
Aussage beachtete, welche Abba Gregorius in dieser Beziehung
dem Ludolf machte: „Non autem ad utramque,
sed ad occidentalem Nili ripam Nubeos habitare dixit
Gregorius meus Habessinus** **); sowie dass Pearce, oder,
vielmehr der Ignorant Coflin, trotz seines vorstehend angeführten
Ausspruches (Vol. I. pag. 217), wodurch er jene
Völkerschaften für Neger erklärt, an einer ändern Stelle
des Buchs (Vol. 1. pag. 221) bemerkt, die beiden Shangalla-
Racen, nämlich die im Norden von Abyssinien, am Takazzö,
und die in den südwestlich hinter Senaar gelegenen Ländern
wohnenden, seyen ihrer Körperbildung nach wesentlich
von einander unterschieden. Ja Murray, in dem Appendix
zu Bruce’s Reisen (Edinburgh 1813), Vol. 7. pag.
1Ö7, publicirte folgende wichtige Notiz aus des Schottischen
Reisenden Original-Tagebuch: „There are no Nuba east
of the Bahar-el-Aice.“ Ich bedauere übrigens sehr, dass
ich über die religiösen und socialen Verhältnisse dieser
*) Meine Reise in Nubien, pag. 31.
**) Ludolf, Commentarius, pag. 69. 6.
Schangalla-Takazzö keine genügenden Notizen einzusammeln
im Stande war. So viel nur ist gewiss, dass Bruces
Beschreibung derselben durchaus nicht auf sie passt. Die
meisten von ihnen sind weder Christen noch Mahommeta-
ner, und sie werden daher von beiden Religionspartheien
für Ungläubige erklärt und als eine durch göttliche Verfügung
zur Sklaverei verurtheilte Menschenclasse betrachtet,
auf welche zuweilen regelmässige Jagden gemacht
werden. Irrig ist es ferner, wenn gesagt wird, dass sie
bloss von Jagd und Viehzucht leben; denn sie bauen an
entsprechenden Stellen ihres Landes vielen Mais. Es scheint,
dass an mehreren Orten des von ihnen bewohnten Landes,
namentlich zu Mandera, sich alterthümliche Ruinen befinden:
eine Sache, deren schon Bruce erwähnte, und von
welchen nicht nur ich, sondern, wie es scheint, selbst Cail-
liaud, während des Aufenthalts in den obern Nilprovinzen,
reden hörte.
Die Sklaven in Abyssinien werden in der Regel mit
vieler Milde behandelt, und ihr Verhältniss zu den Herrn
ist wenigstens dem der gewöhnlichen freigebornen Diener
gleich, eine harte Züchtigung erleiden sie nie; höchstens
werden sie zuweilen zur Strafe an den Füssen gefesselt.
D en S k la v e n h a n d e l s o llte e ig e n tlic h k e in a b y s-
s in is c h e r C h ris t tre ib e n ; aber die christlichen Kauf-
leute wissen diess zu umgehen, indem sie sich bei, jenem
Handel heimlich mit einem Mahommetaner associren. Will
ein Christ einen Sklaven verkaufen, so schickt er ihn zu
diesem Behufe gewöhnlich nach Adowa oder Massaua, und
lässt den Handel durch einen Dritten besorgen; ich sah
hiervon wiederholte Beispiele, und die Behauptung des
Herrn Gobat (pag. 298), dass christliche Abyssinier nie
am Sklavenhandel Theil nehmen, beruhet auf einem Irr