
genug erreichen, so werden die verladenen Effecten öfters
von den Wellen weggespült; da es indessen rein unmöglich
ist, dass der Kahn selbst untergeht, so können sich die
in ihm befindlichen Leute auch beim etwaigen Umschlagen
desselben immer noch an seinem Kiele festhalten und
zu retten suchen.
Wegen der Fasten wurden in der damaligen Jahreszeit
regelmässig dreimal wöchentlich Fische aus dem Zana-See
auf den Markt von Kiratza gebracht, und zu meiner grossen
Verwunderung bemerkte ich, dass diese Fische beinahe ins-
gesammt Arten waren, welche ich im unteren Nil nie beobachtet
hatte *). Sie gehörten meistentheils zu der Familie
der Cyprinen. Man bedient sich zum Einfangen derselben
nicht der Angelhaken, sondern einer Art betäubender
Samenkörner. Es ist diess die bohnenähnliche Frucht eines
grossen Baumes, welcher von den Eingebornen Berbere
benannt wird **). Man reibt die getrockneten Samenkörner
desselben zu Pulver, und bestreut damit diejenigen
Stellen des Sees, von denen man aus Erfahrung weiss, dass
die Fische sich gern familienweise an ihnen versammeln.
Wenig Secunden, nachdem diess geschehen, kommen die
Thiere in einem betäubten Zustande an die Oberfläche des
Wassers, und werden hier mit den Händen ergriffen. Ungeachtet
dieses Verfahrens ist der Genuss der also eingefangenen
Fische eine dem Menschen ganz unschädliche
Speise. Im'Zana-See gibt es keine Krokodile ***)? aber sehr
*) Ich habe diese neuen Fischarten in einer eigenen Abhandlung, ’
betitelt: Neuer Nachtrag von Abbildungen und Beschreibungen im Nil
entdeckter Fische. 4“. Frankfurt 1835 bekannt gemacht.
**) Diese Pflanze ist nach Dr. Fresenius eine neue Art der Gattung
Lonchocarpus (Siehe Mus. Senckenberg. Vol. 2. Seite 4.),
***) ist bekannt, dass Bruce in seinem Reiseberichte sich öfters
viele Hippopotami, welche von den Waitos durch vergiftete
Wurfspiese erlegt werden. Das schöne Elfenbein der
Zähne dieser Thiere wird nicht benutzt; wenigstens fanden
wir einst an dem Ufer des Zana einen kolossalen
Hippopotamuskopf, welcher alle seine Spitz- und Schneide-
Zähne noch hatte.
In Kiratza ist regelmässig an jedem Montag ein grösser
Wochenmarkt, welcher stark besucht wird, weil die Stadt
im Rufe einer gewissen Heiligkeit steht, und man desshalb
auf eine ganz auffallende Weise widerspricht, was, wie Dr. Murray
ganz richtig bemerkt, wahrscheinlich einzig und allein von dem beinahe
zwanzigjährigen Aufschieben der Ausarbeitung seiner Tagebücher herrührt,
indem seine lebhafte Phantasie in Folge davon mitunter die auf
seinen gefahrvollen Wanderschaften gemachten Beobachtungen mit
einander vermengte. Ein merkwürdiges Beispiel davon, welches Murray’s
Ansicht vollkommen bestätigt, bieten folgende Stellen seiner Reisebeschreibung
dar. Vol. 3. pag. 455 sagt er in Betreff der in der Gegend
des Flusses Rib an den Ufern des Zana-Sees lebenden Waitos: „II ne
mangent habituellement que des crocodiles et des hippopotames.“
Gleich auf der nämlichen Seite aber spricht er die ganz richtige Bemerkung
aus : „II faut remarquer, qu’il n’y a point des crocodiles dans
le lac Tzana.“ Dann sagt er (p. 491.), bei Gelegenheit seines Durchreitens
durch den Nil oberhalb der Brücke Deldei eben so richtig:-
„Rassuré par la certitude que j’avais de ne point voir des crocodiles
au-dessus de la cataracte.“ Aber kaum sechszig Seiten weiter schreibt
er im Widerspruch damit: „La peur de crocodiles et d’autres monstres
marins, qui peuplent les eaux du Tzana, ne m’empêcha point de m’y
jetter à la nage pour me baigner quelques minutes.“ Unter den vielen
irrthümlichen Notizen, die Herrn von Katte’s Reise nach Abyssinien
enthält, gehört insbesondere seine Mittheilung über den Zana-See. Er
sagt von demselben (S. 140 seiner Reise) : Der Tzana-See ist an einigen
Stellen so seicht, dass man ihn durchwaten könnte, wenn die K rok
o d ile,v o n denen er wimmelt, ein solches Wagestück erlaubten.
Er enthält viele Inseln, von denen einige bewohnt sind. Da man aber
keinen Kahn zu bauen versteht, so. leben die Bewohner dieser Inseln
als wahre Insulaner, auf immer von der übrigen Welt getrennt!!!