
Ich erlaube mir über diese beiden Uebersetzungen folgende
Bemerkungen. Die von dem abyssinischen Priester
angenommene Lesart in der ersten Zeile scheint mir bei
weitem richtiger, als die des Herrn Rödiger. Nach jener
ist die Inschrift von einem Könige La San gefertigt, der
unverkennbar identisch mit dem Aizanas der axumitischen
griechischen Inschrift ist, und diese Hypothese hat um .so
mehr für sich, da in beiden Inschriften die Könige als
Herrscher gleichbenamter Länder angegeben werden. Welchen
Provinznamen neuerer Zeit die der Inschriften entsprechen,
fühle ich mich ausser Stand zu bestimmen. Nur
die Ansicht erlaube ich mir auszusprechen, dass sämmtliche
angeführte Provinzen in der unmittelbaren Nähe von Axum
zu suchen seyen und nicht in Arabien oder ausserhalb der
Strasse Bab el Mandeb, wohin die europäischen Gelehrten
die Districte und Völkerschaften versetzen, welche die
griechische Inschrift von Axum erwähnt. Saba ist wohl die
von Strabo erwähnte afrikanische Hafenstadt,' deren LaOae in Massaua’s Nähe ich Vol. 1. S. 212 nachgewiesen habe.
Tziamo hat Aehnlichkeit mit Debra D am o nordöstlich von
Adowa. Kas (am Ende der vierten Zeile) erinnert unwill-
kührlich daran, -dass der ganze District nordöstlich von
Adowa noch jetzt Akelo-Kasai benannt wird. Mir ist übrigens
unbekannt, ob in den alten Schriftstellern irgend eine
Erwähnung davon geschieht, dass die Abyssinier vor dem
fünften Jahrhundert Eroberungen in Arabien gemacht haben.
Spätere Reisende können sich durch Nachforschungen über
die Namen der Inschrift, mit welchen ich erst in Egypten
bekannt geworden bin, sehr verdient machen. Nach der
Uebersetzung des Herrn Rödiger ist der in der Inschrift
angegebene Feldzug des Königs von Axum gegen die Fe-
lasha oder Juden gerichtet gewesen; allein das von ihm
auf diese bezogene Wort im Anfang der siebenten Zeile
is t, wie man aus den punctirten Lettern der Tafel 5
ersehen kann, durch jenen Priester in Cairo eingetragen
worden, welcher-dasselbe indessen ganz anders übersetzte;
und jener Feldzug gegen die Felasha’s ist also ganz problematisch.
Die fünfzehnte Zeile, welche der Abyssinier
höchst unverständlich übersetzte, war auch für Herrn R.
nicht auszumitteln. Dasselbe ist der Fall mit den vier letzten
Zeilen. Aus dem ganzen Zusammenhang geht hervor,
dass König La San .einen Kriegszug nach Magasa machte,
siegte und viele Beute wegführte, dass aber irgend ein
Witterungsphänomen, vermuthlich starke Regengüsse, ihn
zum Rückzug nöthigten; ferner, dass die Gefangenen, welche
Ungläubige benannt werden (2. 24) in die Stadt Sugo von
Metza verpflanzt wurden, und endlich, dass man auf dem
Rückmarsch nach Behera ging, welches sich gleichfalls
gegen den König von Axum empört hatte.
Von der zweiten Inschrift, so unvollständig sie auch ist,
hat Herr Professor Rödiger ebenfalls eine Uebersetzung
unternommen und dieselbe zugleich mit der ändern veröffentlicht.
Es scheint aus Zeile acht und fünfzehn dieser
Inschrift hervorzugehen, dass ein Kriegszug an den Ta-
kazze beschrieben wird. In der Zeile ein und zwanzig wird
ein Fluss S e d a ,S id a oder S oda erwähnt, welcher nach
Zeile neun und zwanzig und ein und dreissig sich in den
Takazze ergiesst; es werden dabei Zeile zwei und dreissig
die Ortschaften Tsalwa, Toro, Watal und Tsawah *) genannt;
Zeile sieben und dreissig wird berichtet, dass man
bis an die Grenze von Nuba (Nubien) gekommen sey. Nacb
*) Ist dieses Tsawali vielleicht identisch mit Teawa, einer grossen
Ansiedelung, welche Bruce auf seiner Reise von Gondar nach Senaar
passirte?