
geführt war; denn diess geht aus den zur Befestigung eines
griechischen Kreuzes unter der Wölbung des obern Endes
angebrachten Vertiefungen hervor. Die Zahl derAbyssinier,
welche sich nicht zu einer der drei Hauptreligionen, der
christlichen, jüdischen und mahonunetanischen, bekennen,
ist unbedeutend, und beschränkt sich auf die am Zana-
See lebenden Waitos und auf einen Theil der Agows im
westlichen Abyssinien, deren Religionscultus im Einzelnen
mir unbekannt geblieben ist. Auf die Spuren einer göttlichen
Verehrung von Quellen, welche ich zufällig in Ha-
remat wahrnahm, habe ich schon im ersten Bande dieses
Werkes (Seite 353) aufmerksam gemacht. Pearce (Band 1.
Seite 135) beschreibt ausserdem eine Art göttlicher Verehrung
von Schlangen, die er in der Provinz Enderta zu
beobachten Gelegenheit hatte, und Bruce, Band 3. S. 842,
sagt, dass die Agows in ihren Hütten aus Abgötterei zahme
Schlangen aufziehen. Was aber Bruce’s Erzählungen von
Dankopfern, welche die Agows bei der Nilquelle zehn
Tage lang dem Syrius-Sterne darbringen sollen *) , und
von einem mit vieler Kunst mitten in der Flussquelle errichteten
Altäre **) betrifft, so müssen dieselben im höchsten
Grade befremden , weil sich für die Bewohner von
Abyssinien durchaus kein Grund finden lässt, warum sie
diese Stromquelle durch eine besondere religiöse Verehrung
auszeichnen sollten, da der Nil weder den Bewohnern
seines Quellbezirks, noch denen des übrigen von ihm
durchflossenen Theiles von Abyssinien irgend einen Nutzen
gewährt, und ganz ähnliche Quellen vielfältig in jener
Gegend Vorkommen, ohne einen besondern Religionsdienst
*) Bruce Vol. 3. Seite 837.
**) Ibid. Seite 729.
veranlasst zu haben. Wie sollte an der Nilquelle der Schum
dazu kommen, beim Schlachten eines Opferthiers den
Fluss mit den Worten: „Dieu tres-puissant et sauveur du
monde!(l *) anzurufen, da er ja doch nicht im Mindesten
etwas von dem Segen weiss, den derselbe weit entlegenen
und ihm kaum dem Namen nach bekannten Ländern bringt?
Wenn wirklich eine Art von Verehrung an der Quelle des
Nils Statt findet, so bezieht sie sich wohl eher auf jene
ungeheure Höhle, welche Bruce (Band 3. Seite 723), als
in der Nähe derselben befindlich, beschreibt, und in der
er selbst sich beinahe verirrte.
Das axumitische Reich scheint der einzige Theil von
Abyssinien zu seyn, wo in alter Zeit, vermuthlich in Folge
der Einführung des Christenthums, eine Art von höherer
Cultur gepflegt ward. Die Blüthe desselben fällt in das
vierte bis siebente Jahrhundert, und in dieser Periode
entstanden höchst wahrscheinlich auch die Bauten, von
welchen Salt Ueberreste bei Abba Asfe und Pearce bei
Quened auf der Grenze von Enderta und zu Muntelia
sah **). In den folgenden Zeiten vergeudeten die Abyssi-
nier mehrmals ihre Kräfte in heftigen Religions-Zwistigkeiten;
im zehnten Jahrhundert kamen in Folge davon
sogar Bekenner des jüdischen Glaubens wieder zur Oberherrschaft
des Landes, und in der ersten Hälfte des sechszehnten
ward die Gefahr, dem Mahommetanismus zu erliegen,
nur durch die Beihülfe der Portugiesen abgewendet.
Bald darauf aber entstand zwischen den verschiedenen
christlichen Secten ein hartnäckiger Kampf, der durch
das Streben der römisch-katholischen Priester nach unbe*)
Bruce Yol. 3. Seite 840.
**) Pearce Vol. 1. pag. 122.