
belmessern und Schilden bewaffnet, welches alles jeder Einzelne
sich selbst stellt. Sie bekommen keinen Gehalt, ja
in der Regel nicht einmal die nöthige Ration von Lebensmitteln;
so lange die Soldateska sich in befreundeten Dis-
trieten befindet, befiehlt der Häuptling den benachbarten
Dorfschaften die Ablieferung eines gewissen Quantums von
Brod für das Heer und von Futter für die Lastthiere; sonst
leben die Truppen nur von Plünderungen. Die Vorsteher
der Ortschaften sind gewöhnlich beritten, und bilden somit
die Cavallerie eines abyssinischen Heeres, wiewohl diese
nie ein besonderes Corps ist. Sie sind zum Militärdienst
verpflichtet für die ihnen von dem Häuptlinge angewiesenen
Ortschaften, deren Zehnten sie theilweise beziehen,
eihalten aber keinen Sold; zeichnet sich einer von ihnen
durch Tapferkeit aus, so schenkt ihm der Häuptling wohl
gelegentlich auf dem Masgalfeste ein Pferd oder Maulthier.
Von einer Rangordnung oder einer E inteilung nach militärischen
Graden ist in Abyssinien keine Rede. Nur derjenige,
welcher den vordersten Trupp anfiihrt, und somit
nach der von dem Häuptlinge erhaltenen Weisung das
ganze H eer leitet, wird mit einem besonderen Namen (Fit-
aurari) bezeichnet. Der Zug einer abyssinischen Kriegsschaar,
gleichviel ob feindlich oder befreundet, ist für jeden
District stets verderblich. Von einer Ordnung gewährt man
weder auf dem Marsch, noch im Lager, noch vor dem
Feinde das Mindeste. In der Schlacht reducirt sich im
Grunde die ganze Thätigkeit eines Heeres auf einen ungestümen
Angriff, bei welchem der persönliche Muth in der
Regel durch das numerische Verhältniss bedingt wird. Der
von Natur feige Sieger feiert seine Ueberlegenheit jedesmal
mit barbarischer Grausamkeit durch Verstümmelung der
Gegner, die ihm todt oder lebend in die Hände kommen.
Hannes Coffin hatte Briefe vom Naib von Arkiko und
dem Kaimakan von Massaua für den Djeaz Oeled Michael
überbracht; da sie aber in arabischer Sprache geschrieben
waren, so hatte Niemand im Lager sie lesen können; man
war daher genöthigt gewesen, zu diesem Behufe einen
mahommetanischen Handelsmann von Adowa holen zu lassen.
Nicht minder war man wegen der Beantwortung dieser
Briefe in Verlegenheit, denn schriftliche Mittheilungen sind
in Abyssinien durchaus nicht gebräuchlich, indem man jede
Nachricht durch einen vertrauten Bedienten mündlich überbringen
lässt. Das Unterzeichnen eines Briefs wird im
ganzen Orient durch das Aufdrücken eines gewöhnlich den
Namen des Absenders enthaltenden Siegelrings ersetzt;
ich rieth daher dem Oeled Michael seinen Namen mit abyssinischen
Lettern auf einen Metallstempel einschneiden zu
lassen, und damit nicht allein die-jetzt nach Massaua zu
sendenden Briefe, sondern auch zukünftig jede von ihm
zu erlassende Verordnung zu beglaubigen. Bascha Demetrius,
der griechische Waffenschmidt, übernahm die Gra-
virung und lieferte in zwei Tagen ein kleines viereckiges
silbernes Petschaft, in dessen Mitte als Verzierung ein
Vogel angebracht war, während die vier Ecken den aus
eben so vielen Silben bestehenden Namen seines Herrn,
Mi-ka-ae-le, enthielten. Diess war in Abyssinien vermuth-
lich der erste Fall, dass ein Häuptling etwas Schriftliches
durch ein gedrucktes Siegel beurkundete *). Ich merkte
bald, dass jetzt noch nicht der Moment sey, eine entscheidende
Antwort darauf zu erhalten, wie und wann ich meine
*) Von einem Wappenschild, gleich dem von Ludolf als das Wappen
des Kaisers von Abyssinien bekannt gemachten, wusste man zu
meiner Zeit hier zu Land gar nichts. Auch Fahnen irgend einer Art
sind mir nie zu Gesicht gekommen.