
sind nach dem Hügel zu, von einer dichten Gruppe ehrwürdiger
Bäume umgeben; jedoch so, dass die Aussicht
nach Gondar und der sich zum Zana-See hin ausbreitenden
Fläche ganz frei ist. Um den Palast und die Kirche
geht eine wohl erhaltene Ringmauer, welche Zinnen hat
und stellenweise durch runde Thürme verstärkt ist. Die
Kirche selbst liegt in der Mitte eines abgesonderten geräumigen
Hofraumes, und ist noch insbesondere von Baumreihen
umgeben. Ihre Bauart ist der der meisten Kirchen
von Gondar gleich. Ein steinerner Bogengang umgibt ein
grosses, cylindrisches Gebäude, in dessen Mitte ein viereckiger
würfelähnlicher Raum durch Mauerwerk abgesondert
ist, und das Ganze wird von einem gemeinschaftlichen
conischen Strohdache bedeckt; von dem äussern Bogengang
führen mehrere sehr grosse Thüren zu dem die eigentliche
Kirche bildenden inneren Raume, und aus diesem
gelangt man durch drei Zugänge in jenen würfelförmigen
Raum, in dessen Mitte, wie gewöhnlich, eine
Art von hölzernem Thron, als Versinnlichung der Bundeslade,
steht. Die Wände, Thüren und Querbalken des
Gebäudes sind mit Malereien überdeckt, und die innere
Seite der Thürgesimse ist mit kleinen bemalten Porzellanplatten
verziert, die durch messingene Rosetten befestigt
sind. Die Malereien, unter welchen sich viele Reiterfiguren
auszeichnen, sind im Allgemeinen weit besser, als
die der ändern von mir besuchten abyssinischen Kirchen,
und zeigen , was auch durch Bruce bestätigt w ird, dass
Itegeh Mantöuab öfters Ausländer in ihrem Dienste hatte.
Auf dem Fussboden lagen viele türkische Teppiche, und
von der Decke hingen ganz ungewöhnlicher Weise einige
mit Glaswerk und Messing verzierte Lampen, denn in
der Regel befindet sich in den abyssinischen Kirchen
eben so wenig eine fortwährend brennende Lampe, als
ein Geiass mit geweihtem Wasser.
Es war am 14. November, als ich in Begleitung Lik
Atkum’s und Getana Mariam’s in aller Frühe nach Koskam
ritt, um dem Feste zum Andenken der Rückkehr Christi
aus Egypten beizuwohnen, welches in der dortigen Kirche
auf besonders feierliche Weise begangen wird. Zahlreiche
Gruppen von Leuten zogen theils zu Fusse, theils auf
Maulthieren, alle aber in rein gewaschenen Kleidern auf
dem Wege von Gondar nach Koskam hin; und als wir
hier ankamen, fanden wir die Kirche bereits so sehr mit
Menschen angefüllt, dass wir nur durch den Einfluss des
Lik Atkum einen Platz erhielten, welcher, unmittelbar bei
der Bundeslade, uns die Theilnahme am Feste möglich
machte. Ausserhalb der Kirche hatte man grosse Tücher
von fussbreiten, blauen, weissen und rothen Streifen aufgespannt,
um der Menschenmenge Schutz gegen die Sonne
zu gewähren. Die Aufmerksamkeit der Anwesenden war
auf eine im Vordergründe befindliche Gruppe von Priestern
gerichtet, welche unter schrecklichem Geheul, das
hier zu Lande Gesang genannt wird, convulsivische Bewegungen
mit dem ganzen Körper machten, und mitunter
auch abwechselnd wild in die Höhe sprangen. Diess sollte
ein die Verherrlichung der Gottheit bezweckender Tanz
seyn. Jeder Priester hatte in der einen Hand eine egyp—
tische Rassel (Sistre), in der ändern einen langen krückenähnlichen
Stab *) und meist noch ein Büch, das den Text
der Gesänge enthielt. Diese Sammlung geistlicher Lieder
heisst El Gadas **), die Rassel aber Sanasel. Letztere hat
*) Siehe Fig. 3 auf Tafel 4.
**) In meiner der hiesigen Stadtbibliothek geschenkten Sammlung
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