-Aus dem mangelhaften (Materiale seiner nngcnügeiidcn Beobuchtmigcn h a t
der A u to r n u n seine forstliclien Scliutzmassregeln abgeleitet. Von der Annahme
ausgehend, dass der Pilz sich vorzugsweise durch vegetative Anstockung von
einem Entwicklungshccrdc aus v erbreitet, kommt er au f den Gedanken, ih n an
den inficirten Stellen durch Stichgrähcn einzuschliessen, und — er ivähut den
AValdvcrdcrbcr schon cingefangen zu h a b e n , wenn n u r alle AVurzclii, die Verbindungswege
für die vegetative Ausbreitung des Pilzes, durch Stichgrähcn d u rch stochen
und untc rhrocheii sind.
H a t aber jemals ein Mensch die llcch in in g ohne den W irth gemacht, so
h a t cs h ie r Hartig gethan. Dio au f mangelhaften und einseitigen Beobachtungen
b eru h en d en Schutzmassregeln erweisen sich nachträglich als genau ebenso mangelhafte
und einseitige, wie es die Beobachtungen selbst sind. Dies liaben die
Erfah iu n g eu in der Praxis bereits gezeigt, dies sollen je tz t die neuen Thatsachen
wissenschaftlich b egründen u n d als rich tig beweisen.
D i e A n l a g e v o n S t i c h g r ä b e n n n d v o n R o d u n g e n in d e r U m g
e b u n g v o n i n f i c i r t e n S t e l l e n s i n d E i n g r i f f e , w e l c h e z w a r w o h l d ie
v e g e t a t i v e A u s b r e i t u n g d e s P i l z e s e i n s c h r ä n k e n k ö n n e n , w e l c h e
a b e r d a f ü r s e i n e f r u c t i f i c a t i v e V e r b r e i t u n g b i s in s U n b e g r e n z t e
f ö r d e r n . D i e s e l b e M a s s r o g c l , w e l c h e d e n P i l z v e g e t a t i v e i n s c h l i e s s t ,
d i e s e l b e M a s s r e g e l e n t f e s s e l t ih n f ö rm l i c h n a c h d e r f r u c t i f i c a t
i v e n S e i t e , — n a c h e b e n d e r S e i t e a l s o , n a c h w e l c h e r e r , w ie w ir
j e t z t w i s s e n , e i n e A u s r ü s t u n g o h n e G l e i c h e n b e s i t z t .
Die Isolirgräben selbst, au ch ivenn sic in der idealsten We ise, also in h in reichender
E n tfern u n g vom Infectionshecrde angelegt sind, wenn alle AVurzeln
durchstochen n n d u n te rb ro ch en sind, werden ja n n vermeidlicher We ise schon
nach einiger Zeit von dem unte rirdisch vordriiigenden Pilze erre ich t sein. AVenii
dies geschehen ist, k önnen allerdings die Mycelien ü b e r die abgestochenen AVur-
zelii im Isolirgräben nicht hinauswachsen; aber dafür ist n u n dem vegetativ
u n te rbrochenen Pilze in den fre i liegenden durchstochenen Schnittflächen der
AVurzeln die ausgiebigste Möglichkeit zur rciclistcn Fructification gegeben, indem
alle AATirzelstümpfc, in welchen die AVciterführung der Mycelien unte rh ro ch en
ist, zu ebensovielen Anlagestclleii von E ru ch tk ö rp ern werden. Ein e gleicli gross-
artige En twick lu n g von F ru ch tk ö rp c rn des »Trametes radieiperda«, als sie die
Isolirgräben Hartig's an der A'crsuchstättc bei Eberswalde darboten, welche förmlieh
an der Innenfläche mit den E ru ch tk ö rp e rn des Pilzes b ek le id e t waren,
k an n schwerlich jemals ohne die Isolirgräben zu Stande gekommen sein.
Naturgemäss ist von diesen massenhaften E ru ch tk ö rp e rn n u n die Sporenverbreitung
eine ebenso massenhafte, u n d der offene Isolirgräben setzt dieser Verbreitung
n ic h t das geringste Hindcrniss entgegen. Zu allererst werden die Sporen der
F ru ch tk ö rp e r selbstverständlich au f die andere Seite des Isolivgrabcns sich verbreiten
, an welcher sie wiederum in den auch h ie r durchstochenen, frei liegenden
Wnrzelstümpfen das nächst gebotene u n d naheliegendste Substrat fü r ih re
sofortige Ansiedelung finden. In dem Augenblicke M)cr, wo diese Uebertragung
der Sporen au f die frei gelegten AA'urzeln der Aussenseite des Isolirgrabens oin-
g c treten ist, h a t er au fgehört ein »Isolirgräben« zu sein, er ist im Gegentheile
n u n zu einem U e b e r t r a g u n g s g r a b c n f ü r d e n A A 'u r z c lp ilz geworden.
H ierm it ist d arg eth an , dass der vermeintliche Isolirgräben Hartig's gegen
die AVeiterverbrcitung des »Trametes radieiperda« den zwar vegetativ u n te rbrochenen
Pilz n ich t bloss n ich t au fh ä lt, sondern seine Weitcrve rbreitnng durch
Sporen zuerst nach d e r Aussenseite des Grabens und dann darü b er hinaus in
die weitere Umgebung, soweit die Sporen der F ru ch tk ö rp e r aus den Gräben
sich ü b e rh au p t v erbreiten k ö nnen, au f das AVirksainstc b e fö rd e rt').
Und n u n erst die Rodungen Hartigs, welche den sogenannten Isolirgräben
in seiner Leistungsfähigkeit unte rstützen sollen!®) D u rch sic wird in allen AA'ur-
zelrcstcn, die aufgewühlt werden (und die doch unmöglich ganz vollständig, sondern
n u r in den gröbsten Th e ilcn en tfern t werden k önnen), soweit sic schon e rk ran k t
sind, die Conidienhildnng aus den Alycelien begünstigt, und, soweit sie nich t kran k
>) Sollen die Isolirgräben den Pilz an der inficirten Stelle isoliren, so muss hierbei auf
die fruetificative Verbreitung des Pilzes, welche durch die Isolirgräben nach Möglichkeit begünstigt
wird, besondere Rücksicht genommen werden. Der Pilz ist v e g e t a t i v durch den ü rab en isolirt,
er wird aber erst f r u c t i f i c a t i v isolirt, w e n n m a n d e n G r a b e n m i t e i n e r I s o l i r s c h i c h t
a u s f ü l l t , z. B. m it K i e s etc., wodurch die Fructification an den durchstochenen Wurzeln mindestens
erschwert, die Sporenverbreitung airs dieser aber vollständig gehindert wird. — Uebrigens
ist es nicht die Aufgabe des wissenschaftlichen Mannes, forstliche Schutzmassregeln anzugeben,
dies muss dem praktischen Forstmannc überlassen bleiben, der an dieser Stelle die wissenschaftliche
Untersuchung ablöst und die wissenschaftlichen Resultate auf die Praxis zu übertragen berufen ist.
2) Zur weiteren Orientirung verweise ich hier au f die schon citirte Besprechung des Lehrbuches
der Baumkrankheiten von Hartig durch den Herrn Oberförster Dr. Kienitz, worin derselbe
schon die Durchführbarkeit der Hurtig »cXan Scliutzmassregeln. rein praktisch genommen, kritisirt hat.